An diesem Pfingstsamstag wird in Mittelamerika, in El Salvador, der ehemalige Erzbischof Oscar Romero selig gesprochen. Der neue Selige war ein Märtyrer. Oscar Romero setzte sich leidenschaftlich ein gegen die Unterdrückung der armen Landbevölkerung durch die wenigen Großgrundbesitzer. Dort gehörten nur 14 Familien über die Hälfte des ganzen Landbesitzes. Dagegen wandte sich der Erzbischof im Namen Christi und des Evangeliums. Entschieden stellte er sich auf die Seite der Armen. Doch dieser Einsatz kostete ihm das Leben.
Im Jahr 1980 wurde er während einer Frühmesse am Altar erschossen. Eine seiner Mitarbeiterinnen sagte: „Unser Erzbischof war ein Mann voll des heiligen Geistes. Er lebte selber ganz einfach und arm. Tatkräftig setzte er sich ein für eine gerechte Landverteilung und versuchte, mit friedlichen Mitteln eine Brücke zu bauen zwischen Arm und Reich. Dabei orientierte er sich an der Praxis der ersten Christen“.
Woran orientieren wir uns heute als Kirche oder als einzelne Gläubige? Orientieren auch wir uns an der frühen Kirche, von der es in der Apostelgeschichte heißt: „Die Gemeinde der Gläubigen war ein Herz und eine Seele“. Statt Egoismus herrschte dort Solidarität und Hilfsbereitschaft. Diese ging sogar so weit, dass man Eigentum verkaufte, um mit dem Erlös den Notleidenden zu helfen. Aber woher kam dieses neue und ungewöhnliche Denken und Handeln? Die Apostelgeschichte sieht als Ursache das Kommen des Heiligen Geistes. Dieser neue und ganz andere Geist hielt beim ersten Pfingstfest endgültig Einzug in die Herzen der Jünger Jesu. In der Apostelgeschichte ist es ein fast dramatisches übernatürliches Ergeignis, zu vergleichen mit Naturereignissen wie Sturm, Wind und Feuer.
Tatsächlich war durch dieses pfingstliche Geschehen die erste Kirche wie verwandelt. Wenn man sich zuvor noch hinter verschlossenen Türen versteckt hatte aus Angst vor Verfolgung, so traten die Apostel nun öffentlich auf, allen voran Petrus. Wenn man zuvor nur eine in sich verschlossene Clique war, so öffnete sich jetzt die Kirche für Juden und Heiden, das heißt die Kirche wurde zum ersten Mal „Weltkirche“. Zeichen dafür sind die 17 unterschiedlichen Völker, die laut Apostelgeschichte beim ersten Pfingstfest in Jerusalem versammelt waren. Zeichen dafür ist vor allem das Sprachenwunder, das Menschen unterschiedlicher Herkunft, Rasse, Nationalität und Sprache zu dem machte, was dann Kirche genannt wurde.
Ist das nicht bis heute immer noch eine drängende Frage? Wie kommen Menschen unterschiedlicher Herkunft miteinander in den Dialog, ins Gespräch? Wie kann das ewige aneinander Vorbeireden trotz unzähliger Treffen, Gipfel und Konferenzen gestoppt werden? Wie kommt es zu einem wirtschaftlichen Ausgleich zwischen Nord und Süd, Ost und West? Und wie können Nationalismus, Fanatismus, Hass, Gewalt und Terror umgewandelt werden in Völkerverständigung, Friedensprogramme, Hilfsmaßnahmen und in den Respekt vor fremden Kulturen, Sprachen, Religionen und Nationen?
Gewiss ist das eine Herkulesaufgabe. Aber braucht es dazu nicht gerade heute einen neuen Geist, einen Neuanfang, ein neues Denken? Wo gibt es da ein Modell dafür? Ein Modell dafür ist auch die Kirche. Gewiss sind wir heute auch als Kirche noch weit entfernt von der Praxis der ersten christlichen Gemeinde, vielleicht auch noch vom Handeln des neuen Seligen, Erzbischof Oscar Romero. Dennoch: Ein anderes Denken, ein Umdenken und ein neues Pfingsten würde unserer oft so geschundenen Welt ein neues Gesicht geben.