NEUMARKT. Im Herbst 2015 kann der Landschaftspflegeverband auf sein 20jähriges Bestehen blicken.
Darauf ging der Vorstandsvorsitzende Landrat Willibald Gailler bei seinem Bericht im Rahmen der Mitgliederversammlung zuerst ein – schließlich war er als damaliger Bürgermeister der Stadt Freystadt selbst bei der Gründung mit dabei.
Alle 19 Kommunen und der Landkreis sind seit der Gründung bis heute Mitglied beim Landschaftspflegeverband. Dieser kontinuierliche Rückhalt und dieses Vertrauen sei wichtige Basis für die tägliche Arbeit.
20 Jahre Landschaftspflegeverband bedeuten 20 Jahre konstruktive Zusammenarbeit von Kommunen, Landwirtschaft und Naturschutz zum Erhalt der typischen und einzigartigen Kulturlandschaft im Landkreis Neumarkt, hieß es bei der Zusammenkunft. Das Aufgabenspektrum habe sich in dieser Zeit stark erweitert. Zur Landschaftspflege kämen weitere Arbeitsfelder wie die Renaturierung von Bächen, die Heckenpflege, die Entwicklung landschaftsbezogener Themenwege, die Umsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen oder der Aufbau der Regionalmarke „Juradistl“ hinzu.
Seit dem Jahr 2007 gib es mit dem Umweltbildungs- und Regionalentwicklungszentrum "Haus am Habsberg" die zentrale Plattform für die außerschulische Umweltbildung im Landkreis Neumarkt, wo nachhaltige Bewusstseinsbildung mit viel Spaß und Kreativität vermittelt werden soll. Der Landschaftspflegeverband war maßgeblich am Aufbau dieser Bildungseinrichtung des Landkreises beteiligt und übernahm von Anfang an die fachlich-inhaltliche Leitung.
Die klassische Landschaftspflege, die Ausgangspunkt der Gründung des Landschaftspflegeverbands war, ist nach wir vor größtes und damit wichtigstes Geschäftsfeld, hieß es. Konnten anfangs nur wenige gezielte Einzelmaßnahmen umgesetzt werden, so sind es heute jährlich rund 100 Landschaftspflegemaßnahmen mit einem Volumen von mittlerweile über 300.000 Euro jährlich. Jahr für Jahr werden hier wertvolle Kalkmagerrasen und Wacholderheiden gepflegt, orchideenreiche Feuchtwiesen gemäht, Hecken- und Streuobstwiesen angepflanzt und gepflegt.
Wichtigste Partner bei der Umsetzung seien hier die Landwirte mit den Maschinenringen, die diese Arbeiten unter fachlicher Anleitung des Landschaftspflegeverbands ausführen. Landschaftspflege bedeute immer Arbeiten im Extremen: die Flächen seien besonders steil, felsig, uneben oder besonders nass und fast unzugänglich. Die Pflegearbeiten verlangten von den Landwirten viel Einsatz, Anstrengung und Kreativität, damit es doch noch gelingen kann, manch schwierige Fläche zu bearbeiten.
Im Bereich der Landschaftspflege wurden im Haushaltsjahr 2014 insgesamt
93 Maßnahmen komplett abgewickelt.
Die überwiegende Anzahl betrifft Landschaftspflegemaßnahmen. Daneben wurden im Projekt „Tal der Wissinger Laber“ und im Biodiversitätsprojekt „Juradistl“ spezielle Beratungen von Landwirten hinsichtlich der Teilnahme an Programmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege durchgeführt.
Im Arbeitsbereich der Gewässerentwicklung wurde die Renaturierungsmaßnahme an der Sulz nördlich von Allershofen in der Gemeinde Berngau abgeschlossen. Außerdem konnten die umfangreichen Ufergehölzpflegemaßnahmen entlang verschiedener Bachabschnitte bei Pölling fertiggestellt werden.
Wichtige Impulse für die Gewässerentwicklung im Landkreis kommen von den beiden Pilotprojekten zur Umsetzung der Europäischen Wasserrahmen-Richtlinie, die der Landschaftspflegeverband im Auftrag der beteiligten Kommunen und des Wasserwirtschaftsamts betreut. Beim Projekt für den Oberlauf der Schwarzen Laber mit den Seitengewässern stand im vergangenen Herbst und Winter die Beratung von Landwirten mit direkt an die Gewässer angrenzenden Flächen im Mittelpunkt. Beim Projekt für den Siegenbach, Schwarzach und Hengerbach konnte durch Bündelung gezielter Flächenankäufe entlang des Hengerbachs in der Marktgemeinde Postbauer-Heng ein zusammenhängender Flächenkomplex entlang des Baches erworben werden, so dass hier die Renaturierung auf einer Länge von über einen Kilometer angegangen werden kann.
Die Auszahlungen für alle durchgeführten Maßnahmen der Landschaftspflege und
Gewässerentwicklung betrugen im Haushaltsjahr 2014 rund 387.000 Euro. Der Landschaftspflegeverband erhielt 2014 Zuschüsse des Freistaats Bayern und der Europäischen Union in Höhe von rund 382.000 Euro.
Sehr erfreulich und sehr wichtig für den Landschaftspflegeverband sei die Genehmigung der Fortsetzung des landkreisübergreifenden Biodiversitätsprojekts „Juradistl – Biologische Vielfalt im Oberpfälzer Jura“. Hier konnte eine Projektfortsetzung bis 2020 erreicht werden. Bei einem Termin am Habsberg und in Hilzhofen gab Regierungspräsident Axel Bartelt zusammen mit den Landräten der vier beteiligten Landschaftspflegeverbände Amberg-Sulzbach, Neumarkt, Regensburg und Schwandorf die Förderung der neuen Projektphase offiziell bekannt (wir berichteten). Somit kann insbesondere die Regionalmarke „Juradistl“ mit den Naturschutz-Produkten „Juradistl-Lamm“, „Juradistl-Weiderind“ und „Juradistl-Apfelschorle“ stabilisiert und weiter ausgebaut werden. Wichtiges Anliegen im Projekt ist außerdem die Bewusstseinsbildung für Naturschutz und Landschaftspflege. Die Juradistl-Produkte fungieren hier unter der Devise „Schützen durch Nützen“ hervorragend als Botschafter für den Naturschutz, hieß es.
Regelmäßig führt der Landschaftspflegeverband Neumarkt auch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen als Real-Ausgleich, insbesondere für die Kommunen durch.
Im Jahr 2014 erfolgte die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen für die Stadt Neumarkt, die Stadt Parsberg, die Stadt Dietfurt und für die Gemeinde Berngau.
Im Rahmen des Pilotprojekts zur Verwendung der Ersatzgelder aus der Windkraft, das der Landschaftspflegeverband seit Mai 2013 im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde umsetzt, konnten bisher rund 35 Hektar Fläche angekauft werden. Dies übertrifft deutlich die Erwartungen und erfordert deshalb einen höheren finanziellen und personellen Aufwand als ursprünglich kalkuliert, hieß es.
Neue Flächeneigentümer wurden überwiegend die Gemeinden oder in Einzelfällen der Landesbund für Vogelschutz. Da nun bereits ein großer Flächenpool zur Verfügung steht, liegt momentan der Schwerpunkt der Arbeit in der Umsetzung der notwendigen Aufwertungsmaßnahmen und der längerfristigen Pflege der Flächen.
Bei der oftmals gewünschten extensiven Bewirtschaftung wird eng mit Landwirten zusammengearbeitet. Mit diesem Pilotprojekt ist sichergestellt, dass die im Landkreis Neumarkt angefallenen Ersatzgelder auch tatsächlich im Landkreis verwendet werden und nicht nach einer Frist von zwei Jahren in einen bayernweiten Topf abfließen.
Das Umweltbildungs- und Regionalentwicklungszentrum "Haus am Habsberg" stieß auch im Jahr 2014 mit seinem Angebot auf sehr großes Interesse. Etliche Kurse und Seminare, insbesondere aus dem Bereich „altes Handwerk“ und „Kochen“, waren mit Bekanntgabe des neuen Programms sofort ausgebucht. In insgesamt 306 Veranstaltungen beschäftigten sich über 8400 Teilnehmer mit den Kern-Themen der regionalen Kreislaufwirtschaft, Ernährung, Gesundheit, Gartenkultur, Landschaftspflege und Naturschutz.
Das Jahresprogramm 2014 stand ganz im Zeichen der Auszeichnung des "Hauses am Habsberg" als Projekt der UND-Dekade Biologische Vielfalt. Die Vortrags- und Aktionsreihe „Wilde Stadt“ widmete sich dabei im Besonderen der Vielfalt im Städtischen Raum. Die in Zusammenarbeit mit dem Landesbund für Vogelschutz erarbeitete Seminarreihe „Die Stimmen der Natur“ brachte vielen Interessierten die heimische Vogelwelt näher.
Das dreiteilige Seminar zur Gartengestaltung, das 2013 erstmals stattfand, erlebte wegen der großen Nachfrage eine Neuauflage.
Schwerpunkt im Bauerngarten, der bei allen Besuchern immer ein großer Anziehungspunkt ist, waren Kürbisse und Zucchini. Mehr als 30 verschiedene Sorten wurden im Garten und auf dem Acker angebaut, bei Führungen und Exkursionen vorgestellt sowie in thematisch angelehnten Kochkursen verarbeitet.
Auch 2014 fanden wieder mehrere Multiplikatoren-Schulungen statt, darunter der Kurs für die Betreuer der Kinder- und Jugendgruppen in den Obst- und Gartenbauvereinen sowie eine Weiterbildung für Lehramtsanwärter.
In zwei vom Umweltministerium geförderten Modellprojekten mit den Themen „Unser Garten kommt im Fahrt“ und „Gärtnern auf kleinstem Raum“ wurden Bildungsangebote speziell für Schulen erarbeitet und durchgeführt.
Im Projekt „Klima + Energie“ wurden Schulklassen in Zusammenarbeit mit dem benachbarten Hackschnitzelheizkraftwerk Engelsberg an die Themen Energieverbrauch und erneuerbare Energien herangeführt.
Ein ganz besonders spannendes Projekt in Zusammenarbeit mit einem P-Seminar des Ostendorfer Gymnasiums war die Entwicklung des Kurzfilms „Juniper“. Wie kann man den Wacholder und die Wacholderheiden mit ihrer Einzigartigkeit für unser Landschaftsbild und für den Arten- und Biotopschutz filmisch in Szene setzen !?– das war die Aufgabe, die den Schülern im Rahmen der bayernweiten Artenschutzkampagne „Bayerns Ureinwohner“ gestellt wurde.
Bei der im Anschluss an die Mitgliederversammlung präsentierten Fotoshow des Hobby-Naturfotografen Hubert Schraml mit dem Titel „Faszination Natur und Landschaft im Landkreis“ sollten sich alle Anwesenden von der einmaligen Vielfalt der Landschaften, der Lebensräume und der Tier- und Pflanzenwelt im Landkreis Neumarkt überzeugen.