"Anruf" an die Christen

NEUMARKT. "Problemorientiert und humanitär" müsse die Politik angesichts der gegenwärtigen Flüchtlingsproblematik handeln und gleichzeitig die Wurzeln der Fluchtbewegungen in den Blick nehmen, sagte Bischof Gregor Maria Hanke in seiner Silvesteransprache.

Im Eichstätter Dom rief auch die Kirche dazu auf ihre wesentliche Sendung nicht zu vergessen: Den Menschen "in der Kraft des Evangeliums" zu begegnen und ihre Strukturen entsprechend neu auszurichten. Dies gelte auch für das dritte Thema, dass der Eichstätter Bischof ansprach: Die Erneuerung der Ehe- und Familienpastoral angesichts der "Bagatellisierung der Ehe" in der Gesellschaft.


Das Zusammentreffen des von Papst Franziskus ausgerufenen Jahres der Barmherzigkeit mit der aktuellen Flüchtlingskrise ist für Hanke eine Herausforderung und ein "Anruf" an die Christen. Der Bischof lobte das meist unkomplizierte und unbürokratische Engagement von zahlreichen Kommunalpolitikern, kommunalen Behördern, ehrenamtlichen Helfern und Mitarbeitern von Caritas, Maltesern und vielen weiteren Gruppen. Dem gegenüber stünde eine zumindest "gefühlte" Führungslosigkeit der Politik. "Gefechte über eine Obergrenze für Flüchtlinge oder ob die Regulierung der Flüchtlingszuwanderung über Geldströme an die Türkei erfolgt, die dann de facto das Kontingent bestimmt, fördern nicht das Vertrauen." Es bedarf aus Sicht Hankes eines "konzertierten sach- und problemorientierten Ringens, auch mit den Verunsicherten in der Bevölkerung, wobei klar sein muss, dass fremdenfeindliche Hetze und Rechtsradikalismus keinen Platz finden dürfen."

Wünschenswert wäre für Bischof Hanke eine europäische Asyl- und Migrationspolitik auf zwei Säulen. Einmal gilt es den Menschen zu helfen. Dazu gehört auch ein klar umrissenes Konzept der Integration. Diese gelingt nicht allein über "Wohnraumzuweisung, Deutsch- und Weiterbildungskurse, Benimmfibeln und die allmähliche Übernahme der Menschen in den Arbeitsmarkt." Hanke erinnert daran, dass die Menschen oft eine andere Religion mitbringen, aber auch andere Wertorientierungen. Integration wird so zu einer Herausforderung für die Gesellschaft. Dazu sei Selbstbesinnung "auf unsere eigene geistige Herkunft und auf das, was uns trägt" unerlässlich.

Die andere Säule der Asylpolitik sollte gleichzeitig die Wurzeln der Fluchtbewegungen in den Blick nehmen. Hanke fordert konzertierte Maßnahmen der Industrienationen, den wenig entwickelten Ländern und Menschen politisch und materiell zu helfen, damit das Leben dort lebenswert wird und die Menschen dort bleiben. Für Europa heißt das, "eine Entwicklungspolitik zu betreiben, die nicht unseren eigenen europäischen wirtschaftlichen Interessen dient, die nicht Almosen gibt, sondern teilt." In diesem Zusammenhang sieht Hanke auch eine Anfrage an den westlichen Lebensstil: "Unser Wohlstand gründet zum Teil in jenen Ländern, aus denen heute Flüchtlinge zu uns kommen: in den Rohstoffen, die uns jene Länder billig liefern, in den Wirtschaftsregeln, denen wir sie unterworfen haben, in gesellschaftspolitischen Ideen, die wir exportiert haben, die aber nicht adäquat sind für sie, in den Waffen, die ihnen die sog. westliche Welt liefert."
pde
02.01.16
Neumarkt: "Anruf" an die Christen
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