Viele Volksfest-Freunde zählen die Tage schon rückwärts
NEUMARKT. Ein Neumarkter Volksfest ohne Bier ? Das ist entgegen der Meinung Vieler durchaus vorstellbar - und hat es auch schon gegeben.
Allerdings fand das "Limonaden-Volksfest" zu einer Zeit statt, die sich niemand zurückwünscht: 1941 gab es auf dem Vorläufer des Volksfestplatzes, dem legendären "Tummelplatz", keine "Bier-Halle".
Ein Blick zurück in der Geschichte zeigt, dass es aber auch in Kriegszeiten Volksfeste in Neumarkt gegeben hat. Vor 75 Jahren, als der Zweite Weltkrieg tobte waren die Besucher eingeladen, zum Neumarkter Volksfest auf den Tummelplatz zu kommen, der sich in etwa dort in der Ringstraße befand, wo heute das Caritas-Seniorenheim und das Johanneszentrum stehen.
Das Volksfest wurde dabei ähnlich wie das Kino oder das Theater als Möglichkeit angesehen, den arbeitenden und im Krieg stehenden Menschen Unterhaltung und Entspannung zu bieten, wie es als Erklärung in der Zeitung "Bayerische Ostmark" dazu heißt. Dabei wurde allerdings schon von vornherein darauf geachtet, dass das Volksfest nicht als „Stätte der Ausgelassenheit“ angesehen wird.
Dafür sorgte neben der wie die Zeitung meinte ohnehin vorhandenen ernsten Einstellung in der Bevölkerung auch die Tatsache, dass es beim Kriegs-Volksfest keine „Bierhalle“ gegeben hat. Dadurch, meint der Artikelschreiber der Zeitung, werde dafür gesorgt, „daß keiner des Guten zu viel tut und über die Stränge schlägt“.
Trotz der Einschränkungen durch den Krieg wurde den Besuchern beim Volksfest einiges geboten. Die Zeitung Bayerische Ostmark spricht davon, dass es unter anderem eine „Autoselbstfahrerbahn“ gegeben habe, ein Kettenfliegerkarussell, die Schiffschaukel, ein Kinderkarussell, die Kindereisenbahn, ein Illusionstheater, eine Wild-West-Schau und einen so genannten „Lachtempel“. Auch eine Reihe von Schieß-, Wurf- und Spielhallen sowie Eis- und Erfrischungspaläste warteten auf die Besucher.
Neu war im Jahr 1941 eine Mandelbrennerei, die ein Jahr vorher ihre Premiere beim Volksfest in Neumarkt gefeiert hatte. Sie wurde von Grete Schüller betrieben, die als erste Mandelbrennerin Bayerns gilt und die Großmutter von Günter Wunderle ist, der wiederum seit Jahrzehnten der Organisator des Schaustellerparks beim Jura-Volksfest ist. Auch eine Heringsbraterei war laut Zeitung beim Volksfest 1941 wieder mit dabei, wobei der Hinweis angebracht wurde, dass die Besucher für den Kauf von Sardinenbrötchen ihre Brotmarken nicht vergessen sollten.
Die Möglichkeit, das „Mädchen mit den zwei Köpfen“ in Augenschein zu nehmen wurde rege angenommen, wie es in einem Bericht zum ersten Volksfestwochenende heißt.
Für den Durst gab es trotz Fehlens der Bierhalle ausreichend Möglichkeiten, denn neben den Eis- und Erfrischungsständen gab es auch eine Erfrischungshalle mit "spritzigen Limonaden". Trotzdem musste die "Bayerische Ostmark" in ihrer Mittwochsausgabe vom 20.08.1941 von nächtlichen Ruhestörungen berichten.
Dabei seien es hauptsächlich „Damen“ gewesen, von denen der Artikel behauptet, es seien „die gleichen, die jetzt Zigaretten rauchen müssen, ausgerechnet weil sie jetzt rar sind – die nun glauben, sich so aufführen zu dürfen, wie es ihnen beliebt und die keine Rücksicht auf die Mitbürger nehmen“.
Sie hätten sich zusammen mit einigen jungen Männern in der Nacht vom Sonntag zum Montag in der Stadt ausgetobt. Unter anderem waren die Ruhestörer lärmend und singend durch die Stadt gezogen, hätten an Haustüren geschellt und ähnlichen Unfug verübt. Der Artikelschreiber der Zeitung zeigte viel Verständnis für einen Mitbürger, an dessen Tür ein Radaumacher immer wieder geläutet habe und „der daraufhin in Hose, Hemd und Schlappschuhen dem Übeltäter folgte und ihn nach Noten ohrfeigte. Denn alles hat seine Grenzen!“
Das Volksfest 1941 war übrigens nicht das letzte Kriegs-Volksfest: das letzte Volksfest im Krieg gab es in Neumarkt dann im Jahr 1943.
Das diesjährige Jura-Volksfest dauert vom 12. bis 22. August unnd die Stadt erwartet dazu wieder nach eigenen Angaben bis zu 280.000 Besucher. Bier gibt es heuer auch: die Festbrauerei ist in diesem Jahr die Neumarkter Gansbrauerei.