So mancher Kran könnte bald
stillstehen: denn für den Wohnungsbau wird ein wichtiger Geldhahn zugedreht, warnt die Gewerkschaft
NEUMARKT. Es wird gebaut – noch jedenfalls: 174,5 Millionen Euro wollen Bauherren und Investoren in den Neubau von Wohnungen im Landkreis Neumarkt investieren.
Das sind die veranschlagten Kosten für 541 Neubau-Wohnungen, für die es im
ersten Halbjahr dieses Jahres eine Baugenehmigung im Landkreis gab. Zum Vergleich: In der ersten Jahreshälfte 2015 bekamen lediglich 360
Wohnungen den „roten Punkt“ vom Bauamt – und damit das grüne Licht für den Bau. Das
teilt die IG Bauen-Agrar-Umwelt mit. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf aktuelle
Zahlen des Statistischen Bundesamtes.
Doch die Bau-Gewerkschaft warnt: Der Bau neuer Wohnungen habe einen empfindlichen
Dämpfer bekommen. Denn der Kredithahn seo ziemlich zugedreht: „Viele Menschen, die ein
Haus bauen oder eine Wohnung kaufen wollen und deshalb zur Bank gehen, bekommen
heute kein Darlehen mehr. Sie scheitern an der Finanzierung ihres Traums von den
eigenen vier Wänden“, sagt Stefan Königsberger von der IG Bau Oberpfalz. Schuld daran
sei die Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie der Europäischen Union, die die Bundesregierung
„besonders hart in deutsches Recht umgesetzt“ habe. Die Richtlinie schreibe
Kreditinstituten seit März vor, bei der Vergabe von Darlehen in erster Linie auf das
vorhandene Vermögen und auf die Höhe des Einkommens während der
Rückzahlungsphase zu achten.
Anders als noch zu Beginn des Jahres dürfen Wohnimmobilien oder Grundstücke von
Banken nicht mehr als Sicherheit akzeptiert werden. „Der Wert eines Hauses und das
Bauland, auf dem es steht, oder eine Eigentumswohnung und deren mögliche
Wertentwicklung – all das zählt quasi nicht mehr. Wer heute neu bauen oder umbauen will,
sollte also flüssig sein. Bauherren müssen viel auf der hohen Kante oder ein dickes
Einkommen haben, das auch in Zukunft sicher ist. Am besten beides“, sagt IG Bau-Bezirkschef
Stefan Königsberger.
Besonders hart trifft dies, so die IG Bau, junge Familien und ältere Menschen. „Viele von
ihnen wären vor einem Jahr noch gerngesehene Kunden bei der Bank oder Sparkasse
gewesen. Heute aber müssen die Kreditinstitute ihnen die Finanzierung oft verweigern“, so
Königsberger. Denn die Banken seien nun verpflichtet, nachzuweisen, dass ein Kunde
seinen Kredit auch bis zum Lebensende tilgen könne. Das werde für viele Rentner zum
Problem.
Der Wunsch, die eigene Wohnung oder das eigene Haus energetisch zu sanieren
und vor allem altersgerecht umzubauen, um möglichst lange in den eigenen vier Wänden
wohnen zu können, scheitere jetzt oft am nötigen Kredit.
Der „zugedrehte Kredithahn“ für den Wohnungsbau werde zu einem starken Rückgang der
Baugenehmigungen im Landkreis führen, warnt die IG Bau.
Die Gewerkschaft geht von einer „düsteren Prognose“ für die Jahresstatistik der
Baugenehmigungen aus. „Das schadet der Wirtschaft und den Jobs in der Region. Denn
der Wohnungsbau ist ein wichtiger Motor für die Binnenkonjunktur“, sagt Stefan
Königsberger. Ein Rückgang des Wohnungsbaus bedeute weniger Wohnungen. Dadurch
seien auch Auswirkungen auf den Mietpreis nicht auszuschließen.
Die IG BAU fordert deshalb die Bundesregierung auf, die „überzogenen Vorschriften“ zu
korrigieren und mehr Möglichkeiten für die Finanzierung des Wohnungsbaus im Rahmen
der EU-Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie zuzulassen. So dürften die verschärften
Regelungen nicht bei Krediten angewendet werden, die Haus- oder Wohnungseigentümer
zur Renovierung der eigenen Wohnimmobilie nutzen. Die IG Bau Oberpfalz appellierte an
die heimischen Bundestagsabgeordneten, sich in Berlin um diesen wichtigen Punkt der
Finanzierung von Immobilen zu kümmern.