Hier sollte laut Plan eine Hecke stehen. So aber kann keine Goldammer brüten und auch der Neuntöter bleibt auf der Roten Liste der aussterbenden Vögel
NEUMARKT. Ausgleichsflächen bei Eingriffen in die Natur sind gut und schön - doch häufig suchen Naturschützer vergeblich nach der angeblich neuen Hecke.
Oft sind die Ersatzmaßnahmen tatsächlich nie erfolgt oder wurden zweckentfremdet, hieß es bei einer Veranstaltung von Landesbund für Vogelschutz und Bund Naturschutz.
Seit über 40 Jahren schreibt das Bundesnaturschutzgesetz vor, dass Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes auszugleichen oder zu ersetzen sind. Problematisch dabei ist vor allem die Sicherung und dauerhafte Betreuung dieser Naturflächen, hieß es von den Naturschützern.
Die Bedeutung dieser Flächen für die Natur sollte den zahlreichen Zuhörern deutlich gemacht werden, als Uwe Oesterling von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises das „Ökoflächenkataster“ des Landkreises Neumarkt aufzeigte: es umfasst 1293 Einträge mit einer Fläche von über 570 Hektar. Auf Bayern hochgerechnet bedeute dies eine Fläche von etwa 400 Quadratkilometern. Nur zum Vergleich: der geplante Nationalpark Steigerwald hätte eine Fläche von zehn Quadratkilometern.
Eigentlich könnte der Naturschutz da ja sehr zufrieden sein, wenn es nicht eine Reihe von Fakten gäbe, die für die Natur äußerst schädlich seien. Eine Reihe von gezeigten Fotos zeigte die Defizite deutlich auf: Auf einem Bild sollte eine Hecke stehen, es war aber kein einziger Strauch zu sehen. Nach den Plänen sollte eine Hecke vorhanden sein, die Behörde kann aber nicht sagen, ob die Pflanzung irgendwann weggeackert worden ist oder ob es nie zu einer Pflanzung kam.
Bei einer Magerwiese wurde zwar gemäht, aber zum völlig falschen Zeitpunkt und zudem das Mähgut liegen gelassen, obwohl für diese Fläche der Abtransport zwingend erforderlich ist, hieß es.
In einem weiteren Beispiel wurde gezeigt, dass der Freistaat Bayern eine Fläche an Dritte weiterverpachtet hatte und diese völlig zweckentfremdet genutzt wurde. Spätestens hier stellte sich laut Naturschützer die Frage, wer denn für die Überwachung zuständig ist. Und: "sind das Einzelfälle oder die Normalität?"
Bei einer Untersuchung ausgewählter Landkreise in Bayern waren die Ergebnisse erschütternd. Im Landkreis Passau sind nur 24 Prozent aller festgelegten Ausgleichsmaßnahmen gut oder sehr gut umgesetzt worden. Bei knapp der Hälfte der Maßnahmen passierte überhaupt nichts.
Das Problem liege darin, dass für die Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen nicht die Naturschutzbehörden zuständig sind, sondern die Genehmigungsbehörden, das heißt, die Bauverwaltungen an den Landratsämtern, die Planfeststellungsbehörden an den Regierungen oder die Gemeinden. Oft fehle es dabei am Interesse an der Umsetzung und der langfristigen Kontrolle, häufig am Sachverstand und auch an den personellen Kapazitäten.
Naturschutz verlange Kompetenz, diese koste Geld und es werde gespart, bis die Schäden irreparabel sind, hieß es von den Naturschützern - dies sei dann "Sache der nächsten oder übernächsten Generation".
Landauf landab gäbe es Beispiele für solche Defizite. Heute, 25 Jahre nach Fertigstellung des Main-Donau-Kanals fehlten zum Beispiel immer noch erhebliche Ausgleichsflächen für den Kanalbau. Viele in der Flurbereinigung für den Naturschutz festgesetzte Flächen seien „verschwunden“.
Ein weiteres Problem stelle sich durch die Verwendung von Ersatzgeldern. Diese würden dort fällig, wo ein Ausgleich nicht möglich ist. Dies betrifft momentan vor allem Windkraftanlagen. Die hier anfallenden Gelder werden bayernweit recht unterschiedlich genutzt und es besteht die Gefahr, dass die Mittel nicht im Interesse des Naturschutzes eingesetzt werden, hieß es.
Hier habe der Landkreis Neumarkt mit einem Pilotprojekt vorbildlich aufgezeigt, wie die Ziele des Naturschutzes umgesetzt werden können. Es wäre zu wünschen, dass die Bayerische Staatsregierung die hier gesammelten Erfahrungen aufgreift und umsetzt, hieß es beid er Zusammenkunft.
Die Verantwortung für die Umsetzung bei Ausgleichsmaßnahmen und die dauerhafte Pflege der Ausgleichsflächen sollte auf eine eigene Institution übertragen werden, darin waren sich der Referent und die Naturschutzverbände einig. Uwe Oesterling hatte für den Landkreis auch bereits eine Lösung parat: es würde sich bei uns anbieten, eine feste Stelle beim Landschaftspflegeverband anzusiedeln, die im Auftrag von Gemeinden und Genehmigungsbehörden damit betraut wird, eine naturschutzgerechte Entwicklung der Ausgleichsflächen zu organisieren.
Damit würden Genehmigungsbehörden und Gemeinden von der Verantwortung für die Pflege von Ausgleichsflächen entbunden. Dies brächte einen beträchtlichen Mehrwert durch Steigerung der Lebensqualität des ländlichen Raums und der ökologischen Wertigkeit der Flächen.
Die abschließende Diskussion zeigte, dass hier noch sehr vieles im Argen liege und dass es auch konkreter rechtlicher Vorgaben bezüglich der Zuständigkeit für Kontrollen und eventueller notwendiger Anordnungen bedarf, um Ordnung in diesen "Schutz eines wertvollen Gutes unserer Heimat" zu bringen. Hier wollen der LBV und der BN aktiv werden.