NEUMARKT. Wahlkampf im Stadtrat: aus einer vermeintlichen "Halbe-Minute-Vergabe" entwickelte sich eine langwierige Grundsatz-Diskussion.
"Gesosse", "Scheiß" und "Populismus" waren nur einige der Ausdrücke, die sich die Stadträte am Mittwochabend um die Ohren hauten, Einer fragte gar nach, ob denn "schon Unsinniger Donnerstag" sei. Thema war natürlich das Ganzjahresbad und die Parkplatz-Diskussion.
Tagesordnungspunkt 7 sah eigentlich nur die Vergabe von Architektenleistungen der Bauüberwachung für das 40-Millionen-Projekt vor, das längst nach jahrelangen Diskussionen von einer stabilen Stadtratsmehrheit beschlossen ist und für das schon in ein paar Wochen der erste Spatenstich erfolgen soll.
Stadtrat Richard Graf stellte den Antrag, die Entscheidung zu vertagen und sich zuvor noch einmal ausführlich mit der "dramatischen" Parkplatz-Situation zu befassen. Der designierte OB-Kandidat der CSU mußte sich dafür den Vorwurf von politischen Gegnern gefallen lassen, den Wahlkampf im Stadtrat eröffnet zu haben.
Graf wies dies zurück und ging mit dem gleichen Vorwurf den amtierenden Oberbürgermeister an: Thomas Thumann wolle ja nur vor der Wahl im Herbst "ein Prestige-Projekt mit Gewalt schnell durchbringen".
Die "Grundsatz-Diskussion", ob mit einer Vertagung der Vergabe auch Verzögerungen beim weiteren Vorgehen verbunden sind, löste sich am Ende völlig überraschend auf: statt einer Kampfabstimmung gab es eine klare 34:4-Mehrheit für die Vergabe - selbst Richard Graf stimmte dafür.
Als Tipp-Geber für eine im Wohngebiet rund um das betroffene Gebiet kursierende Unterschriften-Liste (wir berichteten) outete sich Flitz-Stadtrat Johannes Glossner. Man habe ihn vielfach gefragt, was man gegen "den Scheiß" unternehmen könne, und da habe er die Unterschriftensammlung empfohlen, sagte er am Mittwoch im Stadtrat.
Während Stadtrat Richard Graf der Stadtspitze vorwarf, es beim Parkraumkonzept versäumt zu haben, "beim Bürger zuzuhören", erinnerte der Oberbürgermeister an den mit großer Mehrheit gefaßten Stadtrats-Beschluß, das Ganzjahresbad zu bauen. "Und jetzt sollten wir auch das Rückgrat haben, zu unseren Beschlüssen zu stehen", sagte Thumann. Zur kursierenden Unterschriftenliste fragte er, warum die "nicht vor vier Jahren" organisiert worden sei.
Es habe sich an der Situation seit dem Stadtratsbeschluß für ein Ganzjahresbad nichts geändert, sagte Thumann. Ihm wurde aber von CSU-Seite erwidert, daß durch die geplante Streichung von Parkplätzen entlang der Mühlstraße sehr wohl die Parksituation rund um das jetzige Freibad und künftige Gansjahresbad eine andere sei.
CSU-Fraktionschef ´Markus Ochsenkühn wollte sich vom Oberbürgermeister dessen Versprechen erneuern lassen, daß es bei dem Projekt "um 40 Millionen netto geht und die Parkplätze ausreichen" - und bekam vom Stadtchef ein einfaches "Ja". 150 Parkplätze seien für die Anlage vorgeschrieben, aber 189 Parkplätze eingeplant, sagte Thumann. Außerdem verfüge die Stadt noch über Möglichkeiten, die Zahl der Parkplätze zu erhöhen, wenn sich das im Betrieb des Ganzjahresbades als notwendig herausstellen solle.
Eine Verschleppung durch eine Vertagung oder Ablehnung der eigentlich banalen Vergabe einer Bauüberwachung würde die Planungen zurückwerfen und wäre für die Stadt vermutlich fatal: schließlich habe man bereits etliche Millionen schon vergeben.
Und außerdem: auch wenn man die Sorgen der Anlieger um ihre Parkplätze verstehe, würde sich ein großer Teil der Neumarkter auf das Ganzjahresbad freuen. Diese Mehrheit allerdings habe sich nicht an die Öffentlichkeit gewandt, meinte Bürgermeisterin Gertrud Heßlinger: erfahrungsgemäß "melden sich nur die, die gegen etwas sind".