Handwerksberufe wie der Eisenflechter könnten bald echte Nachwuchs-Probleme
bekommen, warnt die IG BAU
NEUMARKT. Die Gewerkschaft warnt vor einer Fachkräfte-Krise im Landkreis Neumarkt. DieZahl der Gesellen-Prüfungen
ging um 22 Prozent zurück.
Das Handwerk hat goldenen Boden, heißt es. Aber gilt das auch noch in Zukunft?
Angesichts einer zunehmenden „Akademisierung“ hat die IG Bauen-Agrar-Umwelt
vor Problemen für Handwerksbetriebe im Landkreis Neumarkt gewarnt. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf Zahlen der
Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz: In deren Bereich legten im vorletzten
Jahr lediglich rund 5.110 Auszubildende eine Abschlussprüfung ab – fünf Jahre
zuvor waren es noch etwa 6.510. Das macht einen Rückgang von 22 Prozent.
Der
„Gesellen-Schwund“ sei dabei ein landesweites Phänomen: Zwischen 2010 und 2015
sank die Zahl der Gesellen-Prüfungen in Bayern um 19 Prozent.
Die Gewerkschaft spricht von einem „besorgniserregenden Trend“ vor allem auch im stark Bau-abhängigen Landkreis Neumarkt. „Immer mehr
Schulabgänger gehen lieber an die Uni statt in einen Handwerksbetrieb“, sagt
Bezirkschef Stefan Königsberger. Dabei biete etwa die Baubranche im Kreis
Neumarkt gute Verdienstmöglichkeiten und eine lange „Karriere-
Leiter“. Per Aufstiegsfortbildung könne man es bis zum Geprüften Polier oder
Bauleiter bringen – und dann sogar mehr verdienen als viele Architekten. „
Nach Angaben der Sozialkassen der Bauwirtschaft (Soka-Bau) waren im
vergangenen Oktober 264 Bau-Azubis im Landkreis Neumarkt gemeldet. „Damit steht der Bau
besser da als viele andere Handwerksbereiche. Trotzdem: Jeder zusätzliche Azubi
wird gebraucht“, sagt der Gewerkschafter – „besonders in Zeiten einer deutlich
anziehenden Baukonjunktur.“ Zudem werde der Fachkräftebedarf angesichts
geburtenschwacher Jahrgänge in den 90er-Jahren weiter steigen.
Ein wichtiges Argument, eine Bau-Ausbildung zu machen, sei nach wie vor die
Bezahlung, so Königsberger. Die Verdienste der Auszubildenden lägen meist sogar
über denen der Industrie. Im ersten Lehrjahr geht ein angehender Maurer oder
Straßenbauer mit 755 Euro pro Monat nach Hause. Im dritten Ausbildungsjahr sind
es schon 1.400 Euro. Damit seien Bau-Azubis laut Bundesinstitut für Berufsbildung
(BIBB) im Schnitt die Bestverdiener unter allen Auszubildenden.
„Wer aber
Fachkräfte in der Branche halten will, muss auch im Anschluss etwas tun. Der
Einkommensabstand zwischen Industrie und Handwerk vergrößert sich seit
Jahrzehnten“, sagt Königsberger. Die Rahmenbedingungen am Bau müssten
darum entsprechend denen in der Industrie angeglichen werden.
Mehr Schulabgänger werde man nur gewinnen, wenn sich neben dem Einkommen
auch die Arbeitsbedingungen und das Image der Branche verbesserten, ist die IG
BAU überzeugt. Hier seien vor allem die Arbeitgeber gefordert. „Beim Bau denken
viele an extremes Malochen. Doch hier hat sich in den letzten Jahren viel getan.
Maschinen und digitale Technik erleichtern das Arbeiten.“
Und wer auf dem Bau
arbeite, komme auch herum und lerne das Land kennen. Bei der Arbeit auf
auswärtigen Baustellen müsse der Chef mittlerweile auch die Unterkunft stellen und
bezahlen, sagte Stefan Königsberger. „Dennoch bleibt viel zu tun, um die
Bauwirtschaft noch attraktiver zu machen. Höhere Arbeitsstandards sind eine
Investition in die Zukunft“.
Für die IG BAU Oberpfalz steht fest: Je besser die Perspektiven am Bau, desto eher
werde man die Leute halten. Das Handwerk habe nach wie vor goldenen Boden.
"Wenn wir irgendwann eine Bachelor-Schwemme und einen Handwerker-Mangel
haben, dann ist keinem geholfen.“