Viele Menschen waren im Landkreis nach Gewerkschafts-
Angaben auf einen zusätzlichen Mini-Job angewiesen
NEUMARKT. Die sagenhafte Arbeitslosenquote von 1,6 Prozent im Landkreis ist nach Gewerkschaftsmeinung auch immer mehr "unsicheren Jobs" zu verdanken.
Die IG Bau kritisierte eine "Schieflage am Arbeitsmarkt": im Landkreis Neumarkt arbeiten immer mehr Menschen in Teilzeit, Leiharbeit oder haben einen Minijob als alleiniges Einkommen.
Damit sei der Anteil der so genannten "atypischen Beschäftigung" an allen Arbeitsverhältnissen im vergangenen Jahr auf einen Rekordwert von 38 Prozent gestiegen. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die die Entwicklung am Arbeitsmarkt im Landkreis Neumarkt seit dem Jahr 2003 untersucht hat. Damals lag die Quote atypischer Jobs noch bei 30 Prozent.
Gewerkschafts-Bezirkschef Christian Lang spricht von einem "Alarmsignal an die Politik": "Es kann nicht sein, dass wir einerseits einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben, aber andererseits so viele Menschen in prekären Verhältnissen arbeiten", sagte Lang. Hier sei "grundsätzlich etwas in Schieflage geraten". Der unbefristete Vollzeit-Job müsse dringend wieder zum Normalfall werden, fordert die Gewerkschaft.
Nach Angaben der Böckler-Stiftung hat im Landkreis Neumarkt besonders die Teilzeit-Beschäftigung drastisch zugenommen: Arbeiteten 2003 noch etwa 5700 Erwerbstätige in Teilzeit, waren es 2016 mit 12.000 bereits gut doppelt so viele. "Gerade für Frauen ist es nach einer Familienpause enorm schwer, wieder voll in den Beruf einzusteigen. Gegen die Teilzeit-Falle brauchen wir endlich ein verbrieftes Rückkehrrecht in Vollzeit", sagte Christian Lang. Ein entsprechender Gesetzentwurf der großen Koalition sei in diesem Frühjahr am Widerstand der Union gescheitert.
Auch bei Minijobs gibt es der Studie zufolge keine Entwarnung: Rund 7700 Menschen im Landkreis waren 2016 ausschließlich geringfügig beschäftigt (2003: 6800). In der Gebäudereinigung machten Minijobs mittlerweile die Hälfte aller Arbeitsplätze aus, berichtet Gewerkschafter Lang. Auch hier seien es insbesondere Frauen, die nach einem Jobverlust oder einer Trennung oft schnell in Hartz IV abrutschten.
Mit Blick auf die Bundestagswahl im September fordert die IG Bau Oberpfalz von den Parteien klare Konzepte "gegen die Unwucht am Arbeitsmarkt". Dazu müsse die Abschaffung der Befristungen ohne sachlichen Grund genauso gehören wie die Einbeziehung von Minijobs in die Sozialversicherung. "Dabei sind auch die Arbeitgeber in der Pflicht. Statt aufs Billig-Prinzip sollten Chefs auf Kontinuität setzen", betont Lang. Wer heute vollwertige Stellen schaffe, brauche sich morgen nicht um fehlende Fachkräfte sorgen.