Eigenen Beschluß gekippt

Die Straßenausbaubeiträge in der Altstadt - eine wahrlich "unendliche Geschichte".
Foto: Archiv/Nürnberg Luftbild Hajo Dietz

Bürgermeistrin Ruth Dorner leitete am Donnerstag die Stadtrats-
sitzung. Beim Punkt Straßenausbaubeiträge überließ sie als
Betroffene Bürgermeister Franz Düring die Sitzungsleitung
NEUMARKT. Mit 18 gegen 15 Stimmen kassierte der Neumarkter Stadtrat seinen eigenen Beschluß von 2009 zum Straßenausbaubeitrag in der westlichen Altstadt.
Ob damit aber die "unendliche Geschichte" tatsächlich ein Ende gefunden hat, darf bezweifelt werden.
Wie
neumarktonline mehrfach berichtete, hatte der Stadtrat im Herbst 2009 beschlossen, den Bewohnern der westlichen Altstadt die ursprünglich geforderten Straßenausbaubeiträge zu erlassen, um eine Gleichbehandlung mit den Bewohnern der östlichen Altstadt herzustellen. Damals stimmte der Stadtrat fast einstimmig dafür - fast: OB Thomas Thumann und CSU-Stadtrat Arnold Graf hatten schon damals gemahnt, daß der Beschluß nicht rechtmäßig sein könne.
"...die Beerdigung muß man zuerst einmal nachweisen"
Stadtrat Johann Gloßner (FlitZ) über OB Thumann, der an der Trauerfeier für einen engen persönlichen Freund teilnahm und sich deswegen für die Stadtratssitzung entschuldigen ließ
Und jetzt am Donnerstag kassierte der Stadtrat tatsächlich diesen Beschluß. Die Regierung der Oberpfalz als Rechtsaufsichtsbehörde hatte den Gebührenerlaß - genauer die Begründung dazu - damals krisiert.
18 Stadträte (UPW, Teile der CSU und Grüne) stimmten bei der namentlichen Abstimmung - jeder wurde einzeln befragt - dafür, den Beschluß über den pauschalen Erlaß der Straßenausbaubeiträge ersatzlos aufzuheben. 15 Stadträte, darunter die Mehrheit der CSU, die geschlossenen SPD und FLitz stimmten dagegen - wollten also alles wie bisher belassen.
Oberbürgermeister Thomas Thumann war wegen der Teilnahme an einer Trauerfeier im Freundkreis verhindert, so daß Bürgermeisterin Ruth Dorner die Sitzung eröffnete. Sie gab aber schon beim ersten Tagesordnungspunkt - eben der "Unendlichen Geschichte" - die Sitzungsleitung an Bürgermeister Franz Düring ab - weil sie als Betroffene befangen ist.
Nachdem Rechtsdirektor Jürgen Kohler die juristischen Aspekte ausführlich dargelegt und für eine Aufhebung des 2009er Beschlusses geworben hatte, zeigte sich in der Diskussion, wie aussichtslos die Suche nach einer alle Seiten zufriedenstellenden Lösung ist.
Es geht nämlich nicht nur darum, daß die Stadt auf eine Beitragseinnahme von 360.000 Euro verzichtet. Nicht nur die Juristen im Gremium fürchteten vielmehr einen Nachahmungseffekt bei den nächsten anstehenden Straßenausbauten - und damit erst wirklich eine "unendliche Geschichte".
"Wir stecken in einem Dilemma" - diesen Satz konnten wohl alle Stadträte unterschreiben.
Die Wege, wie man aus diesem Schlamassel mit etwas Würde herauskommen könnte, wurden allerdings recht unterschiedlich gezeichnet. Man könne nicht "einmal Hü und einmal Hott" sagen, sondern müsse Rückgrat zeigen und zu seinen eigenen Beschlüssen auch stehen, hieß es. Doch auch die rechtlich umstrittene Situation und vor allem die Sorge, wie das leidige Thema bei einem weiterhin bestehenden Gebührenerlaß künftig gehandhabt werden kann, kam zur Sprache.
So steht zum Beispiel in gar nicht so ferner Zukunft die Sanierung der Bräugasse an - welche Gebühren sollte man dort dann gerechterweise verlangen, hieß es.
Glücklich war keiner der anwesenden Stadträte - die Entscheidung fiel dann in einer Kampfabstimmung und wurde von den zahlreichen Zuhörern im Sitzungssaal stumm entgegen genommen. Zuvor hatten die Zuhörer mehrmals Beifall geklatscht, wenn sich gerade wieder ein Stadtrat für den Erlaß der Gebühren ausgesprochen hatte.
24.05.12
Neumarkt: Eigenen Beschluß gekippt