neumarktonline Dokumentation

Haushalt 2020: Stellungnahme der Fraktionen

Von Martin Meier (UPW)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Thumann,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Löhner,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Heßlinger,
verehrte Mitglieder der Stadtverwaltung,
werte Kolleginnen und Kollegen,

für einen Fraktionsvorsitzenden einer Neumarkter Stadtratspartei ist es, bei allem Zeitaufwand und bei aller nötigen Energie und Konsequenz, welche das Verfassen einer Haushaltsrede auch bedeutet, doch mit außerordentlich positiven Facetten versehen, eine solche verfassen zu dürfen.

Während sich viele Lokalpolitiker anderer Städte und Gemeinden mit immensen Problematiken auf dem Finanz- und Wirtschaftssektor ihrer Gemeinden gegenübersehen, ist es in Neumarkt doch unbestritten so, dass wir in der glücklichen Lage sind, beinahe ausschließlich über Erfolgsmodelle reden zu können und sich die negativen Komponenten in sehr engen Grenzen halten.

Im Verwaltungshaushalt weisen die Einzelpläne für 2020 eine Steigerung des Gesamtvolumens von 5,97 % zum Vorjahr auf, im Vermögenshaushalt beziffert sich die Steigerungssumme auf 6,31 %. Zusammengefasst ergibt sich ein Haushaltsgesamtvolumen für die Stadt Neumarkt von 165,2 Millionen EURO. Eine schier unfassbare Zahl für eine Kommune mit nur etwas mehr als 40.000 Einwohnern. In Absolutzahlen sind das errechnet ca. 4100,- EUR pro Einwohner.

An dieser Stelle darf ich bereits ankündigen, dass die UPW-Fraktion dem Haushalt 2020 zustimmen wird.

Meine Damen und Herren, das bereits Genannte lässt unzweifelhaft den Rückschluss zu, dass in allen Sparten gut gearbeitet wurde.

Die ansässigen Unternehmen profitierten von der (noch) pulsierenden Wirtschaftslage, setzten dies in hervorragender Weise für sich ein und brachten damit die Kommune in die profitable Lage einer außerordentlichen Einnahmesituation von 31 Millionen EURO Gewerbesteuer sowie 26 Millionen EURO an Einkommensteueranteilen. Im Gleichklang wurde dies weiterbearbeitet durch die Stadtverwaltung, welche durch gute Arbeit die mit diesem Geld nötigen Investitionen in Angriff nahm, umsetzte und damit in erheblichem Maße dazu beiträgt, dass die Stadt Neumarkt nicht nur durch ihre eigenen Bürgerinnen und Bürger, sondern auch und im Besonderen überregional mit ihrem Markenspruch als „Starke Stadt“ wahrgenommen und publiziert wird. Dafür ein herzliches Dankeschön!

Mit Superlativen gilt es ja immer vorsichtig umzugehen. Subjektiv denke ich jedoch, es ist nicht vermessen, anhand des Zahlenwerkes von einem der erfolgreichsten Jahre der Stadtgeschichte zu sprechen.

Obwohl die Hebesätze für die Steuern seit nunmehr knapp 50 Jahren nicht mehr erhöht wurden, sprudeln überaus erfreuliche Einnahmen in den städtischen Haushalt. Dieser Anreiz für Gewerbetreibende, sich für den Wirtschaftsstandort Neumarkt zu entscheiden, damit Arbeitsplätze zu kreieren und der Kommune Steuereinnahmen zu verschaffen, durch welche wir wiederum erst in der Lage sind, soziale, kulturelle und gesellschaftspolitische Projekte zu diskutieren, war und ist der richtige Anreiz. An dieser Stelle erteile ich von Seiten der UPW all‘ jenen einen Absage, welche anhand der sich abzeichnenden Finanzrezession den Gedanken in sich tragen, an diesen niedrigen Hebesätzen zu rütteln. Dies wäre nämlich finanzpolitisch zu kurzfristig gedacht und brächte betriebs- und volkswirtschaftlich auf lange Sicht defizitäre und damit negative Multiplikatoren.

Meine Damen und Herren, gerade zum Abschluss einer Legislaturperiode würde es sich anbieten, ein Fazit zu ziehen oder einen Rückblick zu wagen. Aber das würde aufgrund der Vielzahl an Projekten und der Vielzahl an Investitionen im Zeitraum von 2014 – 2020 schlichtweg den Rahmen sprengen. Ich will daher lediglich ein Projekt herausgreifen, welches sowohl die UPW-Fraktion als auch ich persönlich als DAS wichtigste Projekt der letzten Jahre nennen, nämlich die Ansiedlung einer Hochschule. Dadurch wird es gelingen, nicht nur der Innenstadt sondern vielmehr der gesamten Umfeldregion eine hohe Partizipation an wirtschaftlicher, finanzieller, kultureller und sozialpolitischer Teilhabe zu gewährleisten. Durch diese Ansiedlung im Herzen der Altstadt werden die Stadt Neumarkt sowie ihre Unternehmen, durch deren anvisierte Verzahnungen mit der Hochschule in den Bereichen Ausbildung, Beschäftigung und Forschung, in einer Weise profitieren, die wir uns heute – und dessen bin ich sicher - in Gänze noch nicht endgültig vorstellen können.

Warum und vor allem WIE einzelne wenige Protagonisten aus diesem Gremium gegen dieses so wichtige Zukunftsprojekt vorgegangen sind, ist für mich persönlich in keinster Weise nachvollziehbar. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass alle städtischen Investitionen in die Projekt- und Umfeldgestaltung der Hochschule vollständig richtig, in vollem Umfang notwendig und in höchstem Maße intelligent und zukunftsorientiert sind und wir als UPW-Fraktion dies zu 100 % befürworten und positiv begleiten. Und ich bin froh und dankbar, dass dies auch parteiübergreifend in den anderen großen Fraktionen so gesehen wird.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Superlative zitieren und aufführen zu können ist sehr angenehm. Jedoch sind diese nicht alltäglich und so bitte ich alle politischen Vertreter, sich nicht davon blenden zu lassen und immer auch den Blick in die gesamtgesellschaftliche Zukunft zu werfen.

Die Bundesrepublik Deutschland, ihres Zeichens die größte Volkswirtschaft Europas, wuchs nach der Rezession im Zuge der Finanzkrise im Jahr 2009 zwar im Jahr 2019 das inzwischen zehnte Jahr in Folge, doch viele Branchen schwächeln mittlerweile, aus ganz unterschiedlichen Erwägungen heraus. Die industrielle Wirtschaftsleistung brach -ohne den Bau- um 3,6% ein. Insbesondere die schwache Produktion in der Automobilindustrie, welche den größten Teilbereich der Industrie darstellt, trug zu diesem Rückgang bei. Ebenso haben Schlüsselbranchen wie der Maschinenbau sowie die Elektro- und Chemieindustrie aktuell enorm zu kämpfen. Nach Schätzung von Finanzökonomen und des Münchener Ifo-Instituts hat alleine der Produktionseinbruch in der Automobilindustrie das Bruttoinlandsprodukt um 0,75% gedämpft. Die damit lahmenden Ausfuhren der Exportnation Deutschland sind eine Folge globaler Krisen und weltweiter Handelskonflikte, welche die gesamte Weltkonjunktur bremsen. Der Brexit in Großbritannien, die Destabilisationspolitik Russlands im Nahen Osten mit all‘ seinen negativen Folgewirkungen für die Europäische Union, wie auch die sich allgemein ändernde Großwetterlage der politischen Landschaft, konfrontieren die Regierungen mit Aufgaben, die manchmal einer Quadratur des Zirkels gleichen.


Leider hemmt die aktuelle globale Problematik des sich ausbreitenden Corona-Virus mit seinen noch nicht abschätzbaren Blockadewirkungen die Freude über den starken städtischen Haushalt, wohl wissend, dass dieser unter den pandemischen Gesichtspunkten der Krisensituation in völlig neuem Licht zu betrachten sein wird. Marktwirtschaftliche Verluste in Milliardenhöhe werden nach Bund und Ländern gerade auch die kommunalen Bereiche erreichen und niemand kann heute abschätzen, mit welcher finanziellen Wucht es auf uns zurollen wird.

Sicherlich, die Lokalpolitik wird hier weder großen Einfluss ausüben noch irgendwelche entscheidenden Änderungen herbeiführen können. Jedoch müssen wir daher zwingend und mit Nachdruck unseren Fokus auf die heimischen Unternehmen legen, genau austarieren, welches Unternehmen von den Einbrüchen betroffen sein könnte, Konzepte zur Sicherung in der Hinterhand haben und durch kluge Gewerbe- und Finanzpolitik im kommunalen Bereich die Voraussetzungen schaffen, um auch bei uns möglichen Belastungen dieser Form sicher und so gut es geht vorbereitet entgegenwirken zu können.

Der Verkauf von Gewerbeflächen muss deshalb auch künftig wohl überlegt sein. Den jeweiligen Konjunkturschwankungen autark gegenüberstehende Branchenbetriebe, sowie die Frage nach Beibringung vieler Arbeitsplätze der jeweiligen Bewerber müssen deshalb die entscheidenden Fragen sein und bleiben. Nur dann gewährleisten wir auch die kommunalen Einnahmequellen. Wir halten es daher für außerordentlich klug und sinnvoll, dass das Grundstück an der Habershöhe an einen Großbetrieb mit mehr als 300 Arbeitsplätzen, sowie in Woffenbach ein Grundstück an einen Betrieb mit 200 neuen Arbeitsplätzen dementsprechend veräußert wurden. Genau dies sind nämlich die entscheidenden Schritte und Komponenten für solides und gesichertes Wirtschaften unserer Kommune.

Meine Damen und Herren, es benötigt vor allem die Vermittlung von Stabilität und Sicherheit aus dem bürgerlichen Lager innerhalb des Stadtrates, welches hier mehr denn je zu intensiver Zusammenarbeit gefordert ist. Nicht zuletzt ist es auch der repräsentative Wählerwille, den es zu gewährleisten gilt und welcher unser aller Auftrag ist.

Ich weise in dem Zusammenhang aber ausdrücklich darauf hin, dass die Kehrseite der Medaille von hohen Finanzrücklagen und Investitionsmöglichkeiten immer auch immense Begehrlichkeiten zu wecken im Stande ist. Wir brauchen daher als politische Vertreter ein sensibles Gespür, kein ausuferndes, finanzpolitisches Wunschkonzert zuzulassen, geschweige denn selbst zu veranstalten.
Es sollte nicht nur, sondern MUSS immer oberste Prämisse sein, die Priorisierungskette der einzelnen Ausgabesummen durchdacht zu erstellen und detailgetreu nach deren tatsächlicher Notwendigkeit zu eruieren.

Vor uns liegen die nächsten sechs Jahre große Aufgaben.
Es ist unsere politische und gesellschaftliche Pflicht, den Klimaschutz noch mehr in den Fokus zu rücken und die hervorragenden Nachhaltigkeitsstrategien und Umweltprojekte der Stadt weiter zu forcieren. Dies alles, und das sage ich ganz deutlich, nicht im Windschatten einer allgemeinen Untergangshysterie, sondern ordentlich durchdacht und Schritt für Schritt im Einklang mit Wirtschaft und Industrie, aber mit Nachdruck und dem Wissen um die dringende Notwendigkeit. Ökologie und Ökonomie müssen immer Hand in Hand marschieren, alles andere birgt die Gefahr in sich, das wirtschaftliche und gesellschaftliche Gleichgewicht ins Wanken zu bringen.

Weiter gilt es, die sozialen Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten auszubauen und in Stand zu halten. Ebenso wird uns in der nächsten Legislatur die Infrastruktur im Bereich von großen Sanierungs- oder Neubaumaßnahmen, Stichwort ASV Neumarkt, Stichwort Neubau Feuerwehrzentrum, Stichwort Baumaßnahme Hochschule, finanziell stark fordern.

Freizeit- und Sporteinrichtungen wie das Schlossbad bilden Anreize für Zuzug und überregionale Präsenz, und müssen parallel dazu ebenso im Blickfeld bleiben, um die lebenswerte Gesamtwahrnehmung unserer Stadt weiter auf Top-Niveau zu halten.

Dies alles ist nur ein geringer Auszug der anstehenden Aufgabenbereiche. Alle haben jedoch eines in sich vereint. Sie kosten viel Geld und sind nur mit großem Aufwand und harter Arbeit zu erreichen.

Und eben genau aus diesem finanzpolitischen Blickwinkel heraus gesehen, bedarf es deshalb meiner Meinung nach wieder mehr die parteiübergreifend politische Kraft, die exorbitanten Folgekosten individuell gewünschter „Prestige-Projekte“ zu beleuchten und auch mal „nein“ zu deren Umsetzung sagen.

Es darf kein politischer Wettlauf entstehen im Sinne „wer denn die neueste Idee hat“ oder „wer den Gabentisch an Vergünstigungen und Freifahrtscheinen am meisten deckt“. Es sollte auch nicht weiter vorkommen, dass finanzielle Defizite bei gewissen Ansinnen und Projekten beschönigt, gemildert oder ins Idyllische gezogen werden. Bei allen Projekten bedarf es einer knallharten Analyse der Wirtschaftlichkeit und Sinnhaftigkeit und vielleicht auch einfach mal der banalen Frage „würde ich denn mit meinem privaten Vermögen genauso agieren“…

Meine Damen und Herren, es bedeutet für niemanden Gesichtsverlust, nach eingehender Prüfung auch einmal den Schluss zuzulassen, dass es eben NICHT sinnvoll ist gewisse Projekte, im wahrsten Sinne des Wortes „um jeden Preis“ durchzusetzen.

Hans Eichel, der ehemalige Bundesfinanzminister hat einmal gesagt:
Der Haushalt ermächtigt uns, Geld auszugeben. Er verpflichtet uns aber nicht dazu“.

Diesen Gedanken bitte ich bei allen künftigen Entscheidungen auch immer mit zu beachten und die bisherigen Leitplanken bei derartigen Überlegungen nicht zu verändern. Dann bin ich sicher, dass wir alle unserer Verantwortung gerecht werden und unsere Stadt auch weiterhin für die Zukunft sehr positiv wappnen und aufstellen können.

Ich missbrauche natürlich die Haushaltsrede nicht, um sachfremde Themen anzusprechen, aber gestatten Sie mir zum Abschluss bitte das Folgende:

Ich möchte mich bei allen Stadtratskolleginnen und -kollegen, welche dem neuen Gremium nicht mehr angehören werden, ausdrücklich für die Zusammenarbeit in den letzten Jahren bedanken.

Ich wünsche Ihnen allen, bleiben Sie gesund, genießen sie ihre neu gewonnene Zeit, erhalten Sie sich ihr Interesse an den alltäglichen Dingen, erhalten sie sich ihr Interesse an der Stadtpolitik und finden sie die Bereitschaft, den altgedienten und erfahrenen, aber insbesondere den neuen Kolleginnen und Kollegen, auch weiterhin mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Es handelt sich hier um das zur Verfügung gestellte Rede-Manuskript. Die tatsächlich gehaltene Rede kann davon geringfügig abweichen
26.März 2020
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ISSN 1614-2853
21. Jahrgang