neumarktonline Dokumentation
Haushalt 2021: Stellungnahme der Fraktionen
Von Eva Borke-Thoma (Grüne)
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
werte Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,
nach einem Jahr Pandemie mit wiederkehrenden Einschränkungen sind wir alle müde, mürbe und
wünschen uns zurecht ein normales Leben zurück. Auch die Kommunen hat die Corona-Krise
besonders getroffen. Von gravierenden Einnahmeausfällen im Bereich der
Gewerbesteuereinnahmen & Co. wird wohl auch Neumarkt nicht verschont bleiben. Mit
geplanten 65,2 Mio. Euro an Aufkommen von Steuern und Zuweisungen in 2020 müsste die Stadt
somit knapp 7,4 Millionen Euro der prognostizierten Einnahmen einbüßen. Auf die finanzielle
Entlastung der Kommunen durch den Bund können wir in 2021 nur hoffen, aber nicht damit
kalkulieren. Daher begrüßen wir es, dass die Verwaltung den Blick in die Zukunft mit Bedacht und
Vorsicht vornimmt und stimmen als Fraktion Bündnis `90/ Die Grünen daher dem Haushalt zu.
Und dennoch leben wir in einer Zeit fundamentaler Veränderungen. Die Klimakrise und der
digitale Wandel liegen als große Zukunftsaufgaben vor uns. Es wäre eine Lüge gegenüber der
nächsten Generation, wenn wir Infrastrukturinvestitionen aufschieben. Dies erhöht die
Verschuldung und macht die Maßnahmen teurer für unsere Kinder und Kindeskinder.
Vor uns liegt eine Mammutaufgabe: Wir müssen unsere Energieversorgung und unsere Mobilität,
unsere Häuser, sowie unsere Stadt grundlegend neu organisieren. Ein umfassender
Transformationsprozess, bei dem wir den sozialen Zusammenhalt nicht aus dem Blick verlieren
dürfen. Denn ökologischer Umbau und soziale Gerechtigkeit gehören für uns Grüne untrennbar
zusammen.
Auch die Digitalisierung wird alle Lebensbereiche verändern – ob Arbeit, Wirtschaft oder Bildung.
Wir müssen diesen digitalen Wandel aktiv mitgestalten und leben wollen, um die Fäden in der
Hand zu halten und selbstbestimmt zu bleiben.
Doch gute Zukunft gibt es nicht zum Nulltarif. Wir müssen heute handeln, um das Morgen zu
gestalten. Die Haushaltspolitik spielt dabei eine zentrale Rolle. Unsere gewaltigen
Herausforderungen, die den meisten von uns schon vorher klar waren, sind auch für 2021
geblieben: der Klimawandel wird nicht auf Corona warten!
Mit der Verabschiedung der Nachhaltigkeitsstrategie haben wir die nötigen Weichen bereits
gestellt, um Neumarkt fit für den Klimawandel zu machen. Nun darf es allerdings nicht nur bei
Lippenbekenntnissen bleiben. Wir müssen den nächsten Schritt gehen und die Maßnahmen
umsetzen. Vor allem im Bereich der baulichen Maßnahmen, wünschen wir Grüne uns mehr Mut
neue Wege zu gehen. Die aktuellen Pläne der neuen Feuerwehrwache zeigen, welches Potential
wir haben und vor allem was alles möglich ist. Planungen genau nach unserem Geschmack. Solche
Projekte sind unglaublich wichtig für unsere Stadt. Preise sind zwar schön und gut, aber die
Bürgerinnen und Bürger sehen die Preise nicht. Eine begrünte Feuerwehrwache an der „Haustür
zu Neumarkt“ allerdings schon. Die Feuerwehrwache kann ein Aushängeschild für die gelebte
Nachhaltigkeit in der Stadt sein. Und dabei soll es nicht bleiben, dieser Spirit muss stetig weiter
verfolgt und umgesetzt werden. Als Stadt gehen wir als gutes Vorbild voran, d.h. wir müssen bei
zukünftigen Bauvorhaben den Aspekt der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes gleichwertig
berücksichtigen. Das bedeutet mehr Photovoltaik, mehr Begrünung, mehr Holzbauweise, kurz eine
rundum nachhaltige Bauweise.
Wir geben Millionen für Bauvorhaben aus, insbesondere Straßenbaumaßnahmen. Aber was ist mit
der Förderung und Weiterentwicklung von kulturellen Angeboten in Neumarkt? Wie
familienfreundlich wollen wir in Neumarkt sein? Familienfreundlichkeit ist für uns nicht nur die
Schaffung von Kindergarten- und Spielplätzen. Eine moderne kommunale Familienpolitik muss
Angebote für verschiedene Lebensentwürfe und – situationen bereithalten, gerecht sein und
Teilhabe für alle Generationen ermöglichen. Wir müssen aus der Perspektive der Familien denken.
Warum gehen wir davon aus, dass jede/r seine Kinder mit dem Auto zum Kindergarten oder zur
Schule bringt? Was ist, wenn sich eine Familie kein Auto leisten kann und auf die öffentlichen
Verkehrsmittel angewiesen ist? Können sie auf den Stadtbus hoffen? Was ist mit Familien, die
Wert auf eine gesunde und nachhaltige Verpflegung ihrer Kinder legen? Können sie auf Bio-
Verpflegung hoffen? Wir denken hier ist noch Luft nach oben und plädieren dafür diese Faktoren
in Zukunft bei Investitionen stärker zu berücksichtigen.
Wir sprechen immer von Neumarkt als „starke Stadt“, was sie definitiv ist. Aber was macht eine
starke Stadt aus? Wer macht sie aus? Aus meiner Sicht sind das ganz klar die Bürgerinnen und
Bürger dieser Stadt. Daher müssen wir uns vor Augen führen, warum die Menschen hier leben
wollen. Da ist zunächst sicherlich der wirtschaftliche Aspekt, den man nicht unterschätzen darf
und sollte. Allerdings um die Menschen hier halten zu können, müssen wir mehr in die
Attraktivität von Neumarkt investieren, das bedeutet mehr Orte zur Erholung und zum Verweilen.
Gerade Corona hat uns gezeigt, wie wichtig Naherholung für uns alle ist. Wir dürfen nicht
unterschätzen, welchen Stellenwert dies für die Menschen hat. Damit Neumarkt weiter ein
Lieblingsort bleibt, müssen wir im Bereich der Naherholung zukunftsorientiert planen. Der
Stadtpark, auch wenn der Weg lang war, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber das reicht
nicht aus, wir brauchen mehr Plätze zur Erholung, mehr Plätze für die Natur, mehr Plätze für die
Menschen. Jeder Flecken Erde sollte für uns ein kostbares Gut sein, bei dem wir uns dreimal
überlegen, ob wir ihn überbauen wollen.
Wie wir alle wissen ist in Neumarkt sowohl Wohnraum, als auch das Angebot an verfügbaren
Grundstücken mehr als knapp. Die Nachfrage an Bauplätzen ist nach wie vor enorm. Die Stadt
versucht dieser Nachfrage gerecht zu werden. Dennoch ist verfügbare Fläche an Baugrundstücken
endlich und nicht jede oder jeder kann sich ein Einfamilienhaus leisten. Daher müssen wir auch die
den entsprechenden Bedarf an bezahlbaren Wohnraum decken. Im Hinblick auf den sozialen
Wohnungsbau, sowie der Schaffung von bezahlbaren Wohnraum, ist Neumarkt somit gut beraten
dort ihre Anstrengungen zu erhöhen. Den Bürgerinnen und Bürger bezahlbaren Wohnraum zur
Verfügung zu stellen, ist auch eine Form von Nachhaltigkeit. Wir Grüne wünschen uns daher, dass
diese Aspekte in zukünftige mehrgeschossige Bauten mit einfließen.
Wenn wir in Deutschland unsere CO2-Einsparungen einhalten wollen, muss vor allem der
Verkehrssektor massiv umgebaut werden. Und zwar nicht erst in 10 Jahren, sondern jetzt. Und das
wird auch Neumarkt treffen. Wir Grüne sind daher davon überzeugt, dass Investitionen in
überdimensionierte Straßenbaumaßnahmen, wie sie zum Beispiel an der B299 stattfinden sollen,
weder zukunftsorientiert noch nachhaltig sind. Im Gegenteil, mehr Straßen bedeutet auch immer
mehr Verkehr und den wollen wir ja alle gerade vermeiden. Die Bevölkerung steht dafür in den
Startlöchern. Wir müssen nun mit ganzer Kraft die Rahmenbedingungen für die Umsetzung eines
klugen Mobilitätskonzepts schaffen, dass nicht nur für die nächsten 10 Jahre funktioniert. Warum
nicht mal in die Errichtung eines Fahrradparkhauses investieren, anstatt in eine weitere
Tiefgarage? Oder wie sieht es mit der Installation von Mobilitätsstationen aus?
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, werte Kolleginnen und Kollegen,
Wir halten die Zukunft der Stadt Neumarkt in den Händen. Wir mögen das ein oder das andere
Mal geteilter Meinung sein, dennoch möchte ich für eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen
allen Beteiligten plädieren. Nur wenn wir miteinander ins Gespräch kommen und an einem Strang
ziehen, auch wenn das unter Corona etwas schwieriger ist, können wir Neumarkt voranbringen.
Damit Neumarkt Lieblingsort bleibt!
Zum Schluss möchte ich mich ganz herzlich bei Herrn Graf und Herrn Tischner für die Ausarbeitung
des Haushaltes bedanken. Auch möchte ich es an dieser Stelle nicht versäumen im speziellen
Herrn Graf für die konstruktive und wohlwollende Zusammenarbeit zu danken. Ich bedauere es
sehr, dass wir nur kurz das Vergnügen einer Zusammenarbeit haben werden, ich habe diese in der
Kürze der Zeit sehr zu schätzen gelernt. Auch wenn es noch ein paar Monate hin sind, möchte ich
Ihnen sowohl im Namen der Fraktion Bündnis `90/ Die Grünen, aber auch ganz persönlich alles
erdenklich Gute für die Zukunft wünschen. Genießen Sie Ihren Ruhestand!
Es handelt sich hier um das zur Verfügung gestellte Rede-Manuskript. Die tatsächlich gehaltene Rede kann davon geringfügig abweichen
18.März 2021