Riesiges Potential

Erneuerbare Energien sollen im Landkreis Neumarkt noch viel
Potential haben - hier eine Windanlage
bei Laaber.
NEUMARKT. Der Landkreis Neumarkt war schon lange vor
Fukushima der "Musterknabe" in Bayern und ganz Deutschland, was die Nutzung erneuerbarer Energien betrifft. Jetzt spielt der Raum Neumarkt auch bei einer umfangreichen Studie der Freien Wähler eine entscheidende Rolle.
Wie mehrfach berichtet, wurde der Landkreis schon im August 2010 zu 16 Prozent mit Strom aus Erneuerbaren Energien versorgt. Inzwischen ist dieser Anteil auf stolze 34 Prozent gestiegen (
wir berichteten).
In einzelnen Gemeinden wurden noch ganze andere Werte gemessen: in Pilsach stammt 90 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren Energien, in Mühlhausen 70 Prozent, in Velburg 60 Prozent, in Breitenbrunn 55 Prozent und in der Stadt Neumarkt mit 48 Prozent immerhin noch fast die Hälfte.
Wie die Landtagsabgeordnete Tanja Schweiger jetzt mitteilte, hat die Landtagsfraktion der Freien Wähler eine umfangreiche Studie in Auftrag gegeben, die das unabhängige Thüringer Institut für Nachhaltigkeit und Klimaschutz (ThINK) in Jena erstellt hat. Die Wissenschaftler haben darin auf der Basis offizieller Daten die Potenziale erneuerbarer Energien auf die einzelnen Landkreise in Bayern herunter gerechnet, so auch für Neumarkt.
Das Ergebnis zeigt, dass die Möglichkeiten erneuerbarer Energien noch lange nicht erreicht sind, sagte Tanja Schweiger. Besonders positiv falle der Landkreis Neumarkt mit einer Ausschöpfung des Gesamtpotentials von 66,5 Prozent auf. Er liegt damit weit über dem Landesdurchschnitt von 31 Prozent. Mit weitem Abstand folgen dann die Landkreise Schwandorf, Amberg-Sulzbach, Cham, Tirschenreuth, Regensburg und Neustadt-Waldnaab.
Strom könne nach dieser Studie bis 2030 ohne Kernenergie, Öl, Gas und Kohle nachhaltig erzeugt werden. Mit höherer Energieeffizienz und dem Import von Öko-Strom könne Bayern in zwanzig Jahren sogar einen Stromüberschuss produzieren, "der für den erhöhten Bedarf durch E-Mobilität im Bereich Verkehr zur Verfügung steht", heißt es dort.
Bei der Wärmeversorgung und beim Verkehr sei der völlige Umstieg auf erneuerbare Energien wesentlich schwieriger, so die Thüringer Energieexperten: Auf Öl, Benzin oder Gas könne nur dann langfristig verzichtet werden, wenn deutliche Einsparpotenziale durch Wärmedämmung oder neue Verkehrs- und Antriebskonzepte genutzt würden.
Für Neumarkt wurden folgende Zusatzpotenziale ausgemacht:
Sonnenenergie
Bei der Energieerzeugung durch Photovoltaik und Solarthermie wird den Oberpfälzer Kommunen das größte Zusatzpotential zugesprochen. In Neumarkt könnten über 600 Gigawattstunden Energie erzeugt werden.
Windkraft
Bei der Windkraft hängen die zusätzlichen Potenziale von den rechtlichen Rahmenbedingungen ab. Wegen fehlender Vorgaben im Regionalplan werden diese Potentiale jedoch mit 0 angesetzt, was der realen Möglichkeit aus Sicht der Abgeordneten Tanja Schweiger nicht entspricht. Die Stadt Neumarkt bemühe sich zudem intensiv, in großem Maße in Windkraft zu investieren. Der Kauf von mehreren Windkraftanlagen sei in Planung und die Region habe in diesem Bereich großes Potential, teilt Kreisrat Hans Gerngroß mit.
Wasserkraft
Bei der Wasserkraft sehen die Fachleute zusätzliche Energiereserven vor allem in der Leistungssteigerung bestehender Anlagen. Nennenswert sind diese Potentiale jedoch nicht mehr.
Geothermie
Im Bereich der Geothermie stehen Neumarkt zusätzlich lediglich 23 GWh als Ausbaupotential zur Verfügung. Dies wird von OB Thomas Thumann auch durch eigene Gutachten bestätigt, wonach sich Geothermie im größeren Stile wegen der Bodenverhältnisse im Raum Neumarkt nicht in dem Maße rechnet wie zum Beispiel im Norden Münchens.
Bioenergie
Beim Ausbau der Bioenergie ist der Landkreis Neumarkt Spitzenreiter in der Oberpfalz. Allerdings wird in der Ausarbeitung nicht zwischen Biogas und Hackschnitzel unterschieden. Der Vorteil von Biomasse im Gegensatz zu Sonne und Wind sei die Erzeugung von grundlastfähigem Strom. Deshalb setzte laut OB Thomas Thumann die Stadt Neumarkt auf den Ausbau eines Biomasseheizkraftwerkes.
Die Abgeordnete Tanja Schweiger weist vor allem auf die mögliche regionale Wertschöpfung durch erneuerbare Energien hin. Bei entsprechender Umsetzung der Studie ergäbe sich eine regionale Wertschöpfung für den Landkreis Neumarkt in Höhe von 160 Millionen Euro. Das sei Geld, das – wenn man die Energieerzeugung selbst in die Hand nehme - in der Region bleibe und nicht abfließe. Hinzu kämen die Aufträge für regionale Handwerksfirmen bei der Installation.
Die Freien Wähler haben vor einem Jahr bayerweit eine regionale Energieoffensive gestartet. In mittlerweile 60 Veranstaltungen wollten sie mit einer Vielzahl von Praxisbeispielen gezeigt wie der Umstieg auf erneuerbare Energien funktionieren kann.
Oberbürgermeister Thomas Thumann verweist auf das "Faktor 10–Programm" in der Stadt Neumarkt. Hier werden alle Eigentümer insbesondere von Bestandsbauten mit echten städtischen Zuschüssen gefördert, die eine energetische Sanierung vornehmen. In den städtischen Haushalt 2011 sind hierfür Mittel in Höhe von 1,5 Millionen Euro eingestellt. Die Sanierung eines Drei-Familien-Hauses wurde so zum Beispiel mit einem Förderbescheid von 40.000 Euro unterstützt. Es werden demnach keine Darlehen, sondern Zuschüsse ausgereicht.
Neumarkt wurde vor kurzem vom Bayerischen Umweltministerium durch Minister Dr. Söder auf der Karlsburg in Nürnberg als "Nachhaltige Bürgerkommune" ausgezeichnet (
wir berichteten mehrfach).
26.05.11
Neumarkt: Riesiges Potential