Grüne
Erinnerung an Tschernobyl
NEUMARKT. 20 Jahre nach den dramatischen Ereignissen Tschernobyl kam aktuell der Film "Die Wolke" in die deutschen Kinos - auch nach Neumarkt. Der Bund Naturschutz hat - wie die "Grünen" im Landkreis - die von den Kinobetreibern angebotene Möglichkeit zu einer Sondervorstellung aufgegriffen und gibt nun die Einladung an Mitglieder und Interessierte weiter, am Samstag im Rialto - Palast in Neumarkt eine Sondervorstellung dieses Films zu besuchen.
Der Film basiert auf dem gleichnamigen Millionen-Bestseller von Gudrun Pausewang, ein Buch das in vielen deutschen Schulen als Standardlektüre dient.
Der Bund Naturschutz begrüßt, dass "Die Wolke" in die Kinos gekommen ist und appelliert an die Lehrer, den Film mit den Schülern zu besuchen, die darin behandelte Problematik im Unterricht aufzugreifen und als Anstoß für Diskussionen über Energiefragen der Zukunft zu nehmen.
28.04.06
"Viele kleine Heizkraftwerke"
NEUMARKT. FLitZ und Grüne fordern eine grundlegende Änderung in der zukünftigen Politik in Neumarkt.
Wesentliche Themenbereiche würden im Haushalt 2006 der Stadt Neumarkt überhaupt nicht berücksichtigt und die Sitzung am Donnerstag sei mit 15 Tagesordnungspunkten "total überladen". Dies beanstanden die Stadträte der Fraktionsgemeinschaft in einer Presseerklärung.
Beinahe gänzlich fehlen nach Meinung der vier Stadtrate konsequente Schritte in Richtung Energieeinsparung und Einsatz alternativer Energien. Noch habe man die notwendigen finanziellen Mittel, um hier beispielhaft und im Interesse aller Bürger auf breiter Ebene tätig zu werden, meint Stadtrat Hans-Jürgen Madeisky mit Blick auf die vorhandenen finanziellen Rücklagen der Stadt. Diese vorhandenen Millionen dürfen nicht für "Jux und Tollerei" ausgegeben werden. Zielsetzung müsse sein, Arbeit insbesondere für die heimischen Betriebe zu schaffen.
Für die im Entstehen begriffenen Häuser im Schönwertgarten forderte Fraktionsvorsitzende Sieglinde Harres erneut ein Blockheizkraftwerk speziell für dieses Bereich. Von Seiten der Stadtwerke müsse mehr in Richtung Energieeinsparung und Einsatz nachwachsender Rohstoffe gewirkt werden. "Erfolg" sei nicht ein jährlicher Zuwachs an verkauften Gas- und Strommengen, sondern eine Einsparung der Verbrauchsmengen.
Nicht nur "der große Schritt einer zu begrüßenden Energiezentrale" sei dazu notwendig, sondern auch viele kleine Heizkraftwerke, über die Stadt verteilt, die sehr viel wirtschaftlicher arbeiten würden als die gebräuchlichen Heiz- Systeme. Angesichts steigender Energiepreise sei dies ein vernünftiger Weg, der Vorrang haben müsse vor dem Bau einer "keinesfalls dringlichen Stadthalle und einer zugehörigen Tiefgarage".
Stadtrat Hans-Walter Kopp empfahl den Verwaltungsleitern, doch einmal in Garmisch nachzufragen, mit welchen Kosten diese Kommune für ihre vergleichbar große Stadthalle und eine zugehörige Tiefgarage rechne. Mit dem in Neumarkt vor allem von der CSU gepriesenen PPP-Finanzierungsmodell laufe man Gefahr "sich selbst zu betrügen". Um eine Bezahlung auf "Heller und Pfennig" werde man damit nämlich keinesfalls umhin kommen.
Handlungsbedarf sieht die Fraktionsgemeinschaft auch mit Blick auf die geplante Ostumgehung. Zwar sei die Autobahnausfahrt Frickenhofen möglicherweise ein Vorteil für die unmittelbar anliegenden Kleingemeinden und Nutzer des nahe liegenden Golfplatzes. In Neumarkt aber sei eine Ostumgehung kaum realisierbar . Der Preis den man dafür bezahlen müsse sei zu hoch, erklärt Johann Georg Gloßner mit Blick auf die Umweltzerstörung, die Lärmbelästigung für Anlieger und die "für die Folgejahre zwangsläufig sich ergebenden Unterhaltskosten", die von der öffentlichen Hand in der Summe nicht mehr zu leisten seien. Gloßner: "Es sei denn, wir belasten die Bürger noch mehr durch Steuern und Abgaben".
26.04.06
Mahnwache zu Tschernobyl
NEUMARKT. 20 Jahre nach Tschernobyl gedachten am Dienstagabend zahreiche Neumarkter der Katastrophe.
Die Grünen hatten zu einer Mahnwache vor dem Rathaus aufgerufen, die ÖDP hatte sich angeschlossen. Grünen-Kreissprecher Dr. Roland Schlusche freute sich aber darüber, daß auch Mitglieder anderer Parteien erschienen waren Der Sprecher verband mit dem Gedenken an die zahlreichen Opfer der nuklearen Katastrophe auch die Hoffnung auf einen baldigen Atomausstieg.
Mitglieder der Neumarkter
Greenpeace-Gruppe wollen am Mittwoch an gleicher Stelle an die Opfer des Super-GAUs erinnern.
25.04.06
20 Jahre nach Tschernobyl
Von Gabriele Bayer*
11. September in New-York. Seit diesem Tag weiß die ganze Welt wie gefährlich Terror sein kann. Und dieser Terror hat sensible Ziele der Länder im Visier. Die sensibelsten Ziele sind die Atomkraftwerke in allen Ländern dieser Welt. Sie können als noch so sicher deklariert sein, durch die Selbstmordattentäter bekommt diese Gefahr ein völlig neues Gesicht. Der 11. September hat uns die Machtlosigkeit einer ganzen Nation vor Augen geführt. Aber auch technische Mängel, Verschleiß und vor allem menschliches Versagen sind die großen Risiken bei der Nutzung der Atomkraft.
Mahnwache am Rathaus
Am Dienstag, 25. April, findet um 20 Uhr vor dem Neumarkter Rathaus eine Gedenkstunde mit einer Mahnwache an das Unglück von Tschernobyl statt.
Grünen-Kreisvorsitzender Roland Schlusche wird eine Ansprache halten.
Opfer einer atomaren Verseuchung sind Menschen, Tier, Pflanzen durch die atomare Kontamination von Luft, Wasser Boden und allem was mit der atomaren Strahlung in Verbindung kommt. Aber auch die gesamte Volkswirtschaft nimmt erheblichen Schaden.
Beim Reaktorunglück in Tschernobyl wird von 4000 Toten, so der UN-Bericht, ausgegangen.
Von 200.000 Rettungs- und Bergungsarbeitern waren 1000 am ersten Unglückstag sehr hohen Strahlungsdosen ausgesetzt. Niemand von uns kann sich das Leid und die Qualen dieser Menschen vorstellen, die sie erleiden mussten, ehe sie durch den Tod erlöst wurden. Insgesamt so schätzen Wissenschaftler nach dem Bericht, werden von den 200.000 Rettungs- und Bergungsarbeitern direkt an den Folgen der Strahlung sterben, viele elend und qualvoll, weil die medizinische Versorgung in diesen Gebieten trotz staatlicher Hilfe mehr schlecht als recht ist.
Etwa 5 Millionen Menschen leben derzeit in den als "streng zu überwachenden" Zonen. Das sind mehr Menschen als in München und Berlin leben. Diese 5 Mio. Menschen leben in der ständigen Angst an Krebs zu erkranken, missgebildete Kinder zu gebären, viele sind stigmatisiert durch Umsiedlung, haben ihre Arbeit verloren, ihre Heimat, ihre Lebensgrundlagen.
Am schlimmsten betroffen sind wie immer die Kinder. Die Wissenschaftler sprechen von ca. 4000 Fällen von Schilddrüsenkrebs, vor allem bei Kindern und Jugendlichen zur Zeit des Unfalls, als Folge der Kontamination durch den Unfall. Diese Kinder und ihre Eltern haben ständig das frühe Lebensende direkt vor Augen und die damit verbunden Qualen.
Aber die direkten Krankheitsfolgen durch die Kontamination stellen laut UN-Bericht ein vergleichsweise geringes Problem dar. Armut, Lifestyle-Erkrankungen, Suchterkrankungen, Depression und viele andere psychische Störungen, die sich jetzt in der früheren Sowjetunion ausbreiten, stellen eine viel größere Bedrohung für die lokalen Gemeinden als die direkten Folgen der Verstrahlung dar.
Ein lähmender Fatalismus hat sich bei den Einwohnern breit gemacht. Die Leistungsfähigkeit dieser Menschen ist derart reduziert, dass das gesamte System ins Wanken gerät.
Der Bericht der UN bezeichnet die Folgen von Tschernobyl für die psychische Gesundheit als "das größte öffentliche Gesundheitsproblem, das vom Unfall verursacht wurde". Verschiedenste Ursachen werden hierfür diskutiert.
Ein weiteres Problem ist die Schwächung der Volkswirtschaft durch die Unterstützung und Regierungsprogramme für die betroffenen Menschen und Gebiete, obwohl viele dieser Programme stark unterfinanziert waren.
In Europa wurden mehr als 200.000 Quadratkilometer mit atomarem Staub kontaminiert. Das ist soviel wie Bayern und Baden-Württemberg zusammen. Noch immer wir vor dem Verzehr von Pilzen, Beeren, Wildschweinen gewarnt.
Fatal ist jedoch, dass die Gelder der Hilfsprogramme für die Volkswirtschaft und die Entwicklung des Landes verloren sind. 784.320 Hektar Landwirtschaftliche Fläche mussten aus der Produktion genommen werden. 694.200 Hektar Wald mussten stillgelegt werden. Das Stigma Tschernobyl führte zu einem Marketingproblem und zu fallenden Einkünften, Abnahme der Produktion bis zur Stillegung von Betrieben.
Armut ist ein akutes Problem in den betroffenen Gebieten. Viele qualifizierte und ausgebildete Arbeiter, besonders jüngere, verließen die Region. Die Investitionen sind sehr gering.
All dies hat nur ein einziger Reaktorunfall ausgelöst und ein Ende der Probleme ist noch nicht in Sicht. Der Sarkophag des Reaktors ist stark beschädigt und muss erneuert werden. Wieder Geld, das der Entwicklung des Landes fehlt. Der Kern des Reaktors droht nach unten durchzubrennen. Nicht auszudenken, was dies bedeuten würde.
Die Energieversorgung dieser Welt muss ohne Atomenergie gelingen. Und sie kann gelingen.
Durch dezentrale Energieversorgung aus dem Sektor der erneuerbaren Energien, die wir gerade erst zu nutzen begonnen haben.
* Gabriele Bayer ist Kreissprecherin von Bündnis 90/Die Grünen
20.04.06