Kneipenbühne Oberweiling

Vomácka in Owei


Sammy Vomácka
NEUMARKT. In den 70er Jahren füllte er zusammen mit Hannes Wader und Werner Lämmerhirt die Hallen in Deutschland - die Rede ist von Sammy Vomácka, dem stillen, sympathischen Tschechen mit Wahlheimat Deutschland, der am Samstag in der Kneipenbühne in Oberweiling zu hören sein wird.

Die Zeiten des Folk sind zwar seit Jahrzehnten vorbei, dennoch scheint es dringend nötig zu sein, den Gitarrenzauberer wieder in Erinnerung zu rufen.

Vomácka begeisterte vor knapp einem Jahr schon einmal in Owei seine aus Deutschland, Österreich und Tschechien (!) angereisten Fans mit unglaublicher Virtuosität. Er ist einer der viel zu selten gewordenen Musiker, deren Lebensaufgabe es scheint, sich weiterzuentwickeln und nicht selbstgefällig im Lehnstuhl des Erreichten einzuschlafen.

Und so zeigt er seinen faszinierten Zuhörern, wie man Folk und Ragtime auf der Gitarre pickt, was ein Blues sein kann (den er übrigens tiefschwarz singt), wie toll sich Django-Reinhardt-Kompositionen ohne das übliche Zigeunerband- Geschrammel anhören oder wie frei und doch stilsicher man Jazz auf einer einsamen Gitarre interpretieren kann: hier lassen Barney Kessel und Jim Hall grüßen.

Um das ganze nicht zu anstrengend für sein Publikum zu gestalten, führt der charmante Charismatiker mit einer spannenden und kurzweiligen Conférence durchs Programm, in der er Anekdoten aus seinem bewegten Musikerleben preisgibt, sich Gedanken zu musikalischer Augenwischerei macht und auch hin und wieder über die Komponisten seines Programms - etwa Robert Johnson - resümiert.
09.10.06

Bissig und amüsant


Sauglocknläutn

NEUMARKT. Das Volksmusiktrio Sauglocknläutn und der Kabarettist Werner Gerl präsentierten am Samstag in der restlos gefüllten Oberweilinger Kneipenbühne ihr aktuelles Programm "Ozapft is! - Ein uriges Prosit der Ungemütlichkeit".

Das Rezept geht auf: Musik und Kabarett nebeneinander und miteinander zu einem Thema, das alljährlich Einheimische und Touristen ab Ende September am meisten bewegt: das Oktoberfest.

Gerl, der sich allein mit Mimik und Gestik in ganz verschiedene Charaktere verwandeln kann, glänzt als Miss Kartoffel, Ossi Martin, Hardcorebauer aus Überacker: "dabei gibt's in Überacker goa koan harten Kern!" (übrigens ist Überacker die Heimat seiner Kollegin Martina Schwarzmann), als Betrunkener und so weiter und so fort - Vieles hat er aus früheren Programmen adaptiert und nur leicht modifiziert, aber solange er damit immer wieder ein neues Publikum erreicht, ist das natürlich legitim.

Seine Wortspielereien - von vielen Zuhörern unbemerkt, weil halt so leicht dahingesagt - sind jedenfalls köstlich: "In Geographie ist er eine Konifere, dafür ist ihm Geschichte ein Buch mit sieben Segeln".

Wunderbar ergänzt wird Werner Gerl von Peter Röckl, und Walter Zinkl, die mit ihrem neuen Akkordeonspieler und dritten Mann ein gutes Los gezogen haben (vielleicht sogar auf der Wiesn?), denn das Trio hat gescheite, amüsante, bissige, hintergründige Texte zu einer unverfälschten, sehr sinnlichen Volksmusik auf Lager, etwa einen der schönsten und kompliziertesten Zwiefachen, den es zwischen Holledau und Nördlinger Ries geben mag und lässt - hinterfotziger geht's kaum - sein Publikum mitklatschen, was natürlich nicht klappt.

Danach wird resümiert: jetzt wisst ihr, warum es auf dem Oktoberfest keine Volksmusik mehr gibt ...

Phantastisch ist auf der anderen Seite auch ihr Bierzelt-Medley, das in rasender Geschwindigkeit die Oktoberfest-Ewigkeitshits von Margarena über den Ententanz bis hin zum Anton aus Tirol wegschippt: Unterhaltung auf hohem Niveau.
08.10.06

"Ein Prosit der Ungemütlichkeit"


Sauglocknläutn
NEUMARKT. Das Volksmusiktrio Sauglocknläutn und der Kabarettist Werner Gerl präsentieren am Samstag in der Kneipenbühne ihr aktuelles Oktoberfestprogramm "Ozapft is! - Ein uriges Prosit der Ungemütlichkeit", das einen Blick auf die Rückseite des Bierzelts gewährt.

Die Evolution vom triebgesteuerten Affen zum zivilisierten Homo sapiens war ein Prozess, der sich über Jahrmillionen erstreckte. Für die rückwärtige Entwicklung hingegen bedarf es lediglich zwei Stunden Oktoberfest:

in ihrem ersten gemeinsamen Programm spüren die Künstler die Stationen dieser Rückentwicklung auf. Hierzu wird die ganze Fauna der Wiesn auf die Bühne gebracht, der unverwüstliche Don Promillo, die mit Schärpe und Krone ausgezeichnete Miss Kartoffel und der weitgereiste Dresdner Tourist, der am Schießstand die Kalaschnikow aus seligen DDR-Zeiten vermisst. Die freundliche Bedienung sowie die italienischen Touristen dürfen auch nicht fehlen.

Das Münchner Trio Sauglocknläutn "gehört zur neuen Volkssängerkultur und kombiniert der Tradition entsprechend bissige, skurrile Texte mit nur scheinbar harmlosen Volksmusik-Melodien" (SZ-Extra) und weicht auch manchmal auf erfrischende Weise von diesem Weg ab.

Peter Röckl, Walter Zinkl und Ritsch Ermeier genießen den Ausblick auf die traditionelle Seite, um dann zielstrebig aufzusteigen zu den Gipfeln neuer Interpretationen und neuer Texte, die mal bissig, mal hintergründig, aber immer amüsant daherkommen. Vom Wiesn-Hit zum Karussell fahrn, von der unvermeidlichen Sitzplatzsuche im Bierzelt bis zur schlecht eingeschenkten Maß, nichts bleibt von ihrer musikalischen Ausdrucksfreude verschont.

Der Münchner Kabarettist Werner Gerl, der mit seinem ersten Solo-Programm "Ich sterbe mich tot vor gelacht" rund 150 erfolgreiche Auftritte feierte, passt zu dem musikalischen Trio wie Faust aufs Gretchen, allein schon weil sich in seinem niederbayerischen Erbgut ein äußerst dominantes Bier-Gen findet. Auch in "Ozapft is" führt er zahlreiche Typen vor und bestätigt, was die Süddeutsche Zeitung über den Kabarettisten schrieb: "Gerl, das menschgewordene Chamäleon, das Sprachenwunder, schlüpft in jede dieser Rollen und nimmt sie an wie eine zweite Haut."

Dieser permanente Wechsel der Charaktere sowie das Ineinander, Nacheinander und Miteinander von Kabarett und Musik, von Landler und Gag machen " Ozapft is" zu einem äußerst kurzweiligen wie amüsanten Programm, das gleichermaßen Hirn und Bauch, Ohr und Auge, Leber und Knödel anspricht.

Einige der letzten großen Geheimnisse der Wiesn werden gelüftet: Was reden Männer auf dem Lokus? Warum sind die Wiesnmusiker immer so jovial? Warum ist das Bierzelt gruseliger als die Geisterbahn? Wer gewann das erste Pferdegebissrennen auf der Theresienwiese? Diese und noch viele weitere Fragen werden Sauglocknläutn & Werner Gerl äußerst kompetent in ihrem Wiesn-Spezial-Programm beantworten und ein uriges Prosit der Ungemütlichkeit anstimmen.

(kein Kartenvorverkauf, nur Abendkasse ab 20 Uhr, Konzertbeginn um zirka 20.30 Uhr)

07.10.06

Roots-Jazz und Worldmusic


Argile
NEUMARKT. Als vor ziemlich genau zwei Jahren Argile in Oberweiling auftrat, platzte die Kneipe aus allen Nähten - nicht so am Samstag.

Viel zu wenig Gäste fanden den Weg in die Kneipenbühne. Dabei war Argile so gut wie schon lange nicht mehr. Das lag nicht nur an dem seit Jahren glänzend eingespielten Team aus Peter Horcher (Akkordeon, Perkussion, Keyboard), Dieter Weberpals (Querflöten, Gesang), Charles Backledge (Schlagzeug) und dem irakischen Kurden Talabani Dilshad (Vierteltonkeyboard, Perkussion, Gesang), sondern auch an dem international renommierten Erlanger Bassisten Rainer Glas, der nicht nur mit absolut stilsicheren Läufen und Grooves brillierte, sondern auch - teilweise unter Verwendung eines Loop-Samplers - mit wunderschönen Soli, etwa einer Improvisation über Duke Ellingtons "Caravan"-Thema.

Argile sind ja immer für eine Überraschung gut - diesmal begeisterten sie ihr Publikum mit einer wunderschönen Mischung aus Roots-Jazz und Worldmusic - vom kubanischen Son (fantastisch Peter Horchers Akkordeon-Solo) über afrikanische Highlife-Musik und orientalisch filigrane Rhythmen bis hin zu Jazz-Standards bot das Quintett Musik auf höchstem Niveau.
01.10.06


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21. Jahrgang