"Überzogene Preiskürzungen"

NEUMARKT. Europa-Abgeordneter Albert Deß kritisiert die EU-Landwirtschafts-Kommissarin für die "überzogenen Preiskürzungen" bei Zucker.

"Die von Frau Fischer Boel vorgetragenen Ziele werden mit den jetzigen Vorschlägen nicht erreicht werden", so lautet das Fazit von Albert Deß. Die Kommissarin für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung präsentierte heute ihre legislativen Vorschläge zur Reform der Gemeinsamen Marktordnung für Zucker.

Albert Deß, der als Schattenberichterstatter der konservativen EVP-ED Fraktion die Zuckermarktreform begleitet, erkennt an, dass sich die Kommissarin durch internationale Verpflichtungen in einer schwierigen Situation befindet.

Kritik erntet die dänische Kommissarin von dem bayerischen Abgeordneten vor allem für die überzogenen Preiskürzungen und dafür, dass die Kommission nach wie vor nicht bereit ist, bei der "Alles-außer-Waffen" Initiative (EBA) nachzuverhandeln. Angesichts der schwierigen Haushaltsverhandlungen der EU ist es ein falsches Signal, einen Vorschlag zu unterbreiten, der noch höhere Kosten verursacht als der Entwurf des Vorgängers Fischler.

Im Folgenden eine Stellungnahme von Albert Deß zu einzelnen Punkten des Legislativvorschlags:
  1. Eine angekündigte Laufzeit der Reform bis 2015 wäre aus Sicht der Landwirtschaft zu begrüßen, wenn die Bauern damit Planungssicherheit hätten. Doch was Planungssicherheit bedeutet, sieht man an der Diskussion zur Finanzierung der Agrarpolitik bis 2013, die erst vor drei Jahren beschlossen wurde und jetzt bereits wieder in Frage gestellt wird.
  2. Dass die Verbraucher von der Reform durch sinkende Marktpreise für Zucker und zuckerhaltige Produkte profitieren, wie die Kommission anmerkte, dies trifft sicher nicht zu. Die Getreidepreise betragen heute weniger als die Hälfte von vor 40 Jahren. Die Verbraucher konnten davon nicht profitieren.
  3. Als Folge der Reform wird in vielen Ländern der EU der Zuckerrübenanbau vollkommen in Frage gestellt. Die Kommission beschreibt mit dem geflügelten Wort "Umstrukturierung" nichts anderes als den Verlust von Arbeitsplätzen und die Vernichtung von bäuerlichen Familienbetrieben.
  4. Die Ankündigung, dass mit der Zuckermarktreform Bürokratie abgebaut wird, ist wenig glaubwürdig. Bisher hat noch jede Reform im Agrarbereich mehr Bürokratie mit sich gebracht.
  5. Ohne eine Option auf Nachverhandlungen bei der "Alles-außer-Waffen" Initiative werden wir langfristig in Europa keine Zuckererzeugung mehr haben. Denn durch sogenannte Dreiecksgeschäfte würde die EU ab 2009 vor allem mit Zucker aus Brasilien überschwemmt.
Die Erfolgsaussichten der Europäer bei EBA-Nachverhandlungen sind bei der WTO gar nicht so schlecht. Selbst die ärmsten Länder (LDC) wollen eine Regelung für ihre Zuckerexporte in die EU. "In den Ausführungen der Kommissarin fehlt die Forderung auf eine Festlegung von Quoten für die ärmsten Länder. Damit könnte auch Dreiecksgeschäften wirkungsvoll Einhalt geboten werden", so Albert Deß.

"Bei der EBA-Initiative muss die Kommissarin umdenken", fordert Albert Deß. "Wer bei Verhandlungen keine Forderungen erhebt, hat schon verloren. Die Kommissarin soll bei der WTO dafür kämpfen, dass es bei der EBA-Initiative zu Nachverhandlungen kommt.

Die Kommissarin erklärt, dass ihr Reformvorschlag notwendig ist, um die europäischen Zuckerproduzenten konkurrenzfähiger zu machen. Sie vergisst dabei, dass die Zuckerproduktion in Europa bereits heute hoch rationalisiert arbeitet.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Vorschlag den Rübenbauern eine langfristige Perspektive gibt", so Albert Deß abschließend.
22.06.05
Neumarkt: "Überzogene Preiskürzungen"
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