Gedanken zum Pfingstfest

Von Dekan Monsignore Richard Distler

Wenn Pfingsten auf dem Kalender steht, dann sind heute viele ratlos, worum es da eigentlich gehen soll. Was ist das für ein Fest und was ist überhaupt der heilige Geist, den Christen an diesem Tag feiern?

"Geist" begegnet uns heute eher als Berechnung, als Wissen über naturwissenschaftliche Fakten, gesammelt und gespeichert als Daten im menschlichen Hirn oder im Computer. Moderner Geist begegnet uns in Robotern oder Maschinen, weil der "Geist der Maschine" viel schneller "denken" und rund um die Uhr arbeiten kann.

Diese Sicht des Geistes wird auch gerne auf den Menschen übertragen: Da wird der Mensch ähnlich wie die Maschine als berechenbar betrachtet, z.B. in allem, was er in einer Beziehung leistet oder eben nicht leistet. Wer dann nichts mehr leisten kann, der ist dann anscheinend zu nichts mehr nütze und auch nichts mehr wert. Manchmal verrät sich dieser Geist selbst, wenn wir fragen: "Was bringt mir das, was kostet mir mein Einsatz für andere und was rechnet sich?"

Das Pfingstfest aber spricht von einem völlig anderen Geist, es ist nicht der berechenbare, sondern der unberechenbare. Tut es uns nicht allen gut, wenn mal nicht gerechnet wird, wenn uns jemand umsonst beschenkt, beglückt und bereichert, wenn wir sogar mal unsere Schwächen zeigen dürfen, wenn wir mal nichts leisten müssen und einfach nur da sein dürfen?

Wo aber ist dieser unberechenbare Geist zu finden, wo wird er uns geschenkt? Zunächst macht er sich bei den Aposteln am 1. Pfingstfest in Jerusalem bemerkbar. Da stürzt er – in Bildern gesprochen – gleichsam wie ein Feuer, wie ein Sturm und wie ein starker Wind auf die erste Kirche herab. Die Stadtbewohner meinen gar: Die sind betrunken. Petrus aber deutet dieses Neue, Unberechenbare und Ungewöhnliche als die Ausgießung des Geistes Gottes. Aber wie macht sich dieser unberechenbare Gottesgeist bemerkbar? Zunächst kann er jeden Menschen erfassen, der sich dafür auftut. Jeden eben, der wirklich sein Denken und Tun zuinnerst umdreht und umkehrt. Jeden, der eben z.B. in einer Beziehung nicht zum Rechnen anfängt. Zerstört nicht gerade solches Kalkulieren jede Beziehung, jede Liebe, jede Familie und jede Partnerschaft?

Der unberechenbare heilige Geist ist auch der Kirche geschenkt worden. Die Jahrhunderte der Kirche aber sagen uns: Er wird der Kirche vor allem dann geschenkt, wenn sie inständig und demütig darum bittet und betet. Deshalb betet die Kirche z.B vor einer Priesterweihe, vor einer Firmung oder vor einer Konfirmation um das Kommen des Geistes für alle Kandidaten/innen. So entstand auch neun Tage vor Pfingsten die sogenannte Pfingstnovene mit dem bekannten Gebet: "Veni creator spiritus! Komm herab, o heiliger Geist, der die finstre Nacht zerreißt, strahle Licht in diese Welt!" Dabei wird vor allem gebetet, dass der Geist nicht zerstört, sondern aufbaut, dass er Dürrem Leben eingieße oder alles heilt, was krank und elend ist. Zugleich wird auch gebetet, dass der Geist die Kirche und jeden Christen zuinnerst umwende. Das kann manchmal wehtun und ist doch heilsam. Bräuchte nicht gerade heute jeder Christ, jeder Mensch, die ganze Kirche, auch die Welt, diesen ganz anderen, diesen neuen und unberechenbaren Geist? Vielleicht wären wir dann alle weniger ratlos.
21.05.10
Neumarkt: Gedanken zum Pfingstfest
Telefon Redaktion


Telefon Redaktion


neumarktonline - die Internet-Tageszeitung. Aktuelle Berichte, Meldungen und News aus Neumarkt in der Oberpfalz im Internet
ISSN 1614-2853
21. Jahrgang
Zur Titelseite neumarktonline
ISSN 1614-2853
21. Jahrgang
neumarktonline - die Internet-Tageszeitung. Aktuelle Berichte, Meldungen und News aus Neumarkt in der Oberpfalz im Internet
ISSN 1614-2853
18. Jahrgang