"Gewaltiger Appell"

Von Dekan Monsignore Richard Distler

Am Höhepunkt des Sommers, wenn die Blumen und Kräuter ihre ganze Pracht und Heilkraft entfalten und wenn die Ernte eingebracht ist, dann feiert die Kirche das Hochfest Mariä Himmelfahrt. Dennoch begegnen manche Christen diesem Festtag mit Skepsis. Einmal, weil man sich eine „Himmelfahrt“ im Zeitalter der Raketen und Raumstationen kaum vorstellen kann. Zum Zweiten wird dem Fest entgegengehalten, man könne es angeblich nicht aus der Bibel, sondern nur aus der katholischen Tradition begründen. Und zum Dritten wird der Glaubenssatz der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel erst sehr spät, also erst im Jahr 1950 vom Papst verkündet.

Und dennoch: Kenner des geistlichen Lebens meinen, der tiefere Sinn dieses Festes wird sich erst in der Zukunft so richtig entfalten. So sagt der protestantische Psychologe Carl Gustav Jung: „Dieses Marienfest ist die geniale Antwort der katholischen Kirche auf die Menschenverachtung und Entwürdigung des Leibes im 2. Weltkrieg. Es ist die Antwort auf das millionenfache Quälen und sinnlose Vernichten menschlichen Lebens. Und schließlich widerspricht dieses Fest der irrigen Vorstellung jener heute, die aus dem Leben nur noch Profit herausschlagen möchten, weil es für sie kein Leben nach dem Tode gibt“.

Soweit C.G. Jung. Für mich ist der 15. August deshalb ein gewaltiger Appell der Kirche an unsere moderne Zeit: „Achtet wieder mehr auf den Schutz den menschlichen Lebens, achtet auf das Frauliche und Weibliche, das von Natur aus mehr dem Leben zugewandt ist als alles Männliche! „Denn die Welt geht am nur Männlichen zugrunde“, wie die Theologin Frau Gerl-Falkowitz sagt. Im Fest der leiblichen Aufnahme in den Himmel drückt sich letztlich das Ja der Kirche zum Leib, zur Leiblichkeit, zum Leben und zur Lebensfreude aus.


Aber was bedeutet dies dann für unser Leben insgesamt und für unser Sterben? Es bedeutet: Unser Leib fährt im Tod nicht ins „kalte Reich der Schatten“ oder in ein „Meer des Nichts“. „Nein“, so sagt der große Dulder Hiob aus dem Alten Testament: „in meinem Leib werde ich Gott anschauen“. Dann hat unser Leib nach dem Tod keine Höllenfahrt, sondern eine Himmelfahrt vor sich. Dann hat Christus allen Menschen die Tür zum Himmelgeöffnet durch seine Auferstehung. Warum sollte er nicht gerade jene Frau, deren Leib ihn getragen und deren Brust ihn genährt hat und die ihm ihren Leib zur Verfügung stellte, damit er zur Welt kommen konnte, warum sollte er nicht gerade diesen aller seligsten Leib Mariens in den Himmel aufgenommen haben?

Schon im Lukasevangelium wird Maria von Elisabeth gepriesen: „Gesegnet bisst du mehr als alle Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes!“ Weil Maria den Leib Christi in sich trug, weil es zwischen ihr und Christus, zwischen ihr und Gott keinerlei Beziehungsstörung, also keinerlei Sünde gab und weil alles, was sie mit Leib und Seele tat, nicht für den Tod, sondern für die Ewigkeit bestimmt war, wurde bei ihr alles im Himmel aufgehoben.

Dies hat auch für uns alle eine ungeahnte Wirkung. Auch bei uns ist nichts von dem sinnlos und umsonst, was wir mit Leib und Seele, mit Herz und Verstand, mit Liebe und Hingabe für Gott und die Menschen tun. All das hat auch bei uns Ewigkeitsbedeutung, all das ist auch bei uns für die Himmelfahrt bestimmt. So liegt am Höhepunkt des Sommers mit dem Hochfest Mariä Himmelfahrt eine unbändige Hoffnung auf jedem menschlichen Leben, aber auch über unserem Sterben.
14.08.14
Neumarkt: "Gewaltiger Appell"
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